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Zur Person

Der 1960 geborene Ökonom gehört der SDKÚ von Premier Dzurinda an und ist auch Vizepremier. Mikloa, der auch an der London School of Economics studiert hat, gilt als Verehrer des österreichischen Nationalökonomen und wirtschaftsliberalen Vordenkers Friedrich August von Hayek.

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Finanzminister Ivan Mikloš gilt als Vater der 19-prozentigen Einheitsteuer in der Slowakei. Unsozial findet er sein Modell nicht, der Staat habe nach wie vor Geld zum Umverteilen, sagt er zu András Szigetvari.

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STANDARD: Darf ich Sie Mr. Flat Tax nennen?

Mikloš: Kein Problem, nennen Sie mich ruhig Mr. Flat Tax, auch wenn es eine Simplifizierung ist. Meistens werde ich nur im Ausland so bezeichnet.

STANDARD: Sie gelten als der Architekt des slowakischen Wirtschaftswunders. Dennoch könnte ein Regierungswechsel bevorstehen. Woran liegt das? Mikloš: Es ist nur natürlich, dass viele Menschen unzufrieden sind, wenn sie so viele tief greifende Reformen durchleben müssen, wie wir sie gemacht haben. Die Wahrnehmung der Menschen ist immer negativer als die Realität. Wenn jemand zum Arzt geht, um sich operieren zu lassen, ist das meist mit Schmerzen verbunden. Aber danach zu sagen, die Therapie sei das Übel, ist nicht richtig.

STANDARD: Aber Ihre Politik hat doch nur den Menschen in der Westslowakei Wohlstand gebracht. Der Osten stagniert.

Mikloš: Dass die Reformen regionale Ungleichheiten geschaffen haben sollen, ist Demagogie. Es gibt ja auch ein Gefälle zwischen Wien und den weniger entwickelten Regionen Österreichs. Und dieses ist sogar größer als das zwischen Bratislava und der Ostslowakei. Etwa 13 Prozent der Slowaken sind armutsgefährdet. Das ist weit weniger als der EU-Durchschnitt von 25 Prozent. Die Steuerreform hat ja nicht nur die Gutverdienenden entlastet, sondern auch die Schlechterverdienenden. Wir haben die Höhe der steuerfreien Einkommen fast um das Dreifache erhöht.

STANDARD: Aber durch Ihr Steuermodell sinken die Staatseinnahmen, Umverteilung findet nicht mehr statt.

Mikloš: Es ist einer der Mythen über die slowakischen Reformen, dass uns Geld fehlt. Die Steuereinnahmen des Staates waren im ersten Jahr der Reformen dieselben wie im Jahr davor. Nur die Struktur ist eine andere. Wir haben zwar Steuern gesenkt, aber dafür die Mehrwertsteuer zum Teil auf 19 Prozent erhöht und die Ausnahmen abgeschafft. Die Effizienz eines Steuersystems kann nicht nur mit der Höhe der Steuern bemessen werden. Das Wichtigste an der Steuerreform war ja nicht der Einheitssatz, sondern dass wir alle Ausnahmen abgeschafft und alle Schlupflöcher gestopft haben.

STANDARD: Haben Sie Angst, dass die angelockten Firmen Richtung Osten weiterziehen?

Mikloš: Bei der Automobilindustrie ist das nicht so einfach wie etwa in der Textilproduktion, weil sie sehr kapitalintensiv ist. Abwanderungen wären sehr teuer. Auf längere Sicht ist das aber möglich. Wir müssen verstehen, dass die Verlagerungen im Rahmen der Globalisierung einen normalen Prozess darstellen. Deswegen müssen wir eine flexible, auf Wissen basierende Ökonomie aufbauen.

STANDARD: Wenn Sie die Wahlen gewinnen, wollen Sie weiter reformieren?

Mikloš: Wir haben alle schmerzhaften Reformen umgesetzt. Wichtig ist jetzt, dass sie nicht rückgängig gemacht werden. Das wäre die Rückkehr zu den alten Problemen. Die Kosten der Reformen wären damit vergeblich gewesen

STANDARD: Was denken Sie über Herrn Fico?

Mikloš: Herr Fico ist ein Populist. Früher war er Kommunist, ich glaube, in seinem Denken ist er nach wie vor einer. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2006)