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Noel Forgeard und seine Kinder verkauften im März ihre EADS-Aktien

Foto: AP/Mori
Paris - Nach dem Wirbel um Lieferverzögerungen beim neuen Airbus A380 und dem Kurssturz bei der Muttergesellschaft EADS sind schwere Vorwürfe gegen die EADS-Führung und Großaktionäre laut geworden. Der sozialistische französische Abgeordnete Gérard Bapt verlangte am Donnerstag in Paris eine "sofortige Aufklärung" über "ein mögliches Insiderdelikt" von Topmanagern des größten europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns, darunter EADS-Co-Chef Noel Forgeard. Die französische Börsenaufsicht AMF bestätigte indes eine Untersuchung des Vorgangs. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatte ebenfalls erklärt, den Handel mit EADS-Aktien zu prüfen, zugleich aber von einer Routineuntersuchung gesprochen.

Es gehe um den "Ruf der Führungsspitze des Unternehmens" mit großer Bedeutung für den Raum Toulouse, dem Zentrum der Airbus-Produktion in Frankreich. EADS-Großaktionär DaimlerChrysler erklärte, man sei von den Problemen bei Airbus überrascht worden.

Aktien im großen Stil verkauft

Wie französische Medien am Donnerstag berichteten, hat EADS-Co-Chef Forgeard im März Aktien des Unternehmens für 2,5 Mio. Euro verkauft. Weitere Top-Manager sollen in dieser Zeit laut Presseinformationen EADS-Papiere verkauft haben. Auch der Kleinaktionärsverband ADAM forderte inzwischen eine Untersuchung der Aktienverkäufe von EADS-Top-Managern durch die Börsenaufsicht. "Wenn ein Insiderdelikt vorliegt, muss es hart bestraft werden, zumal viele Leute Geld verloren haben", erklärte ADAM.

Airbus hatte am Dienstagabend überraschend weitere Verzögerungen bei der Auslieferung des weltgrößten Passagierflugzeugs A380 und eine Streckung der Produktion angekündigt. Dies löste am Mittwoch einen Kurssturz der EADS-Aktien um 26,32 Prozent auf 18,73 Euro aus. Kunden reagierten verärgert und verlangten Schadenersatz. Am Donnerstag erholte sich die Aktie bis zum Nachmittag um 4,5 Prozent auf 19,57 Euro.

Forgeard: "Erst im April von Verzögerungen erfahren"

Noel Forgeard hat nach eigenen Angaben erst "im Laufe des Monats April" von den Lieferverzögerungen beim neuen Airbus A380 erfahren. Dies sagte Forgeard am Freitag dem Radiosender Europe 1. Im März sei er also noch nicht "auf dem Laufenden" gewesen, erklärte Forgeard, nachdem französische Medien berichtet hatten, der Co-Chef des größten europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns habe im Monat März Aktien des Unternehmens für 2,5 Mio. Euro verkauft.

DaimlerChrysler überrascht

EADS-Großaktionär DaimlerChrysler ist nach eigenen Angaben von den Produktionsproblemen beim Airbus A380 wie die anderen Aktionäre auch überrascht worden. Bei der Verringerung des EADS-Anteils von 30 auf 22,5 Prozent im April habe man von den Problemen keine Kenntnis gehabt, sagte Konzernsprecher Thomas Fröhlich am Donnerstag der dpa. Der Autokonzern halte weiter an einer strategischen Beteiligung von mindestens 15 Prozent an EADS fest. Schon im April hatte DaimlerChrysler angekündigt, mittelfristig weitere 7,5 Prozent der EADS-Aktien abgeben zu wollen. Einen Zeitplan dafür gibt es laut Fröhlich nicht.

Airbus-Sprecher David Voskuhl versicherte, das Ausmaß der Produktionsprobleme beim A380 sei auch für Airbus "sehr neu". Airbus- Chef Gustav Humbert habe persönlich Kunden angerufen, um sie über die Verzögerung zu informieren. Die Kunden seien verärgert, weil sie das Flugzeug gut fänden und fliegen wollten, sagte Voskuhl. Abbestellungen gebe es nicht. Über die harte Börsenreaktion zeigte man sich bei Airbus in Toulouse überrascht. Der A380 sei ein Projekt nicht für die kommenden Jahre, sondern für die nächsten Jahrzehnte. Airbus erwartet, dass die Verzögerungen beim A380 erst ab 2010 aufgeholt werden.

EADS-Großaktionär Arnaud Lagardère trat vehement der Vermutung entgegen, in Erwartung des Kurssturzes die Hälfte seiner 15 Prozent EADS-Anteile im April verkauft zu haben. Die Entscheidung sei schon 2005 gefallen und habe lange mit DaimlerChrysler abgestimmt werden müssen. "Wenn wir unehrlich wären, hätten wir nicht 7,5 Prozent des Kapitals verkauft, sondern alles", sagte Lagardère.

"Mangel an Vertrauen"

Auch er zeigte sich "sehr überrascht" über den Sturz der Aktie. Die Investoren hätten damit "ihren Mangel an Vertrauen an die Kapazität von Airbus gezeigt, sehr komplexe Projekte zu einem guten Ende zu führen", sagte er der Pariser Zeitung "Le Monde" (Freitag).

Noch im Mai habe Airbus-Chef Gustav Humbert der EADS-Führung erklärt, keinen Hinweis auf eine Verzögerung beim A380 zu haben. Am 1. Juni sei bei einem Analystentreffen von EADS-Teams dieselbe Antwort gekommen. Vielleicht hätten einige Produktionsteams "Verzögerungen nicht gemeldet, weil sie hofften, diese aufholen zu können", sagte Lagardère.

Keine Stornierungen

Ttrotz der Lieferverzögerungen des Airbus A380 hat noch nach den Worten von EADS-Chef Noel Forgeard noch kein Kunde seine Bestellungen storniert. Im kommenden Jahr werde Airbus etwa 400 Flugzeuge ausliefern. (APA/dpa)