Wien - Ein harmlos wirkendes A5-Format, das Erstaunliches, Unterhaltsames und Tragisches birgt. Der Dorotheums-Katalog des Autografen-Angebotes wird seinem Ruf insofern erneut gerecht. Am 22. Juni gelangen 333 Positionen unter den Hammer. Die gefälligsten sind jene Dokumente, die die Erhebung in den Adelsstand beurkundeten - bis zu 70.000 Euro kostete damals ein Fürstendiplom.

Die mit feinster Malerei auf Pergament ausgeführten Urkunden haben sich zu einer eigenen Sammelsparte etabliert. Noch vor fünf Jahren lag der Spitzenwert für exquisite Ausführungen bei 500 Euro, gegenwärtig liegt er etwa beim Zehnfachen. Vier solcher dekorativen Dokumente stehen im Dorotheum im Angebot: Das von Kaiser Joseph I. an Christian Nell (v. Thomenacher) 1709 verliehene Adelsdiplom (500), das von Kaiser Franz Joseph I. 1889 an Raimund Hauck (v. Trautenthal) erteilte (500) oder das mit 800 Euro wegen seiner malerischen Qualität höher bewertete Diplom für den Hofagenten Michael (v.) Biermann.

Die Besonderheit dieser 1836 entstandenen Urkunde: Sie wurde von der bislang einzig bekannten Wappenmalerin, Antonia v. Meyer, ausgeführt, wie die Quittung der Wappenmalerin belegt. Als Top-Los gilt das Grafendiplom, mit dem Kaiser Ferdinand II. im Juni 1632 Baron Benvenuto Petazzo in den Grafenstand erhob (1000). Zu den weiteren Höhepunkten zählen ein unbekannter Brief Sigmund Freuds an Julius von Wagner-Jauregg (5000 Euro).

Tragischer ist das Zusammentreffen von Richard Freiherr von Krafft-Ebing - von ihm wird ein Konvolut von Manuskripten versteigert (6000 Euro), bekannt für seine Psychopathia Sexualis - und einer seiner Patientinnen, Sophie Charlotte Herzogin von Bayern. Die ältere Schwester Kaiserin Elisabeths hatte zunächst alle hochadeligen Bewerber abgewiesen, die Verlobung mit König Ludwig II. von Bayern war nur ein Zwischenspiel, bis sie sich schließlich mit Herzog Ferdinand von Alencon vermählte. Die Ehe war unglücklich und die Herzogin verliebte sich in einen Bürgerlichen, was ihr eine Internierung in Krafft-Ebings Nervenheilanstalt eintrug, um von ihrer "sexuellen Obsession" geheilt zu werden.

Von einer früheren und lebenslangen Leidenschaft zeugen das im Dorotheum zur Auktion gelangende Tagebuch, in dem die Herzogin von Bayern in der Zeit von April 1863 bis August 1865 mehr als nur über ihre Gesangsausbildung beim Musikpädagogen Julius Hey notiert (3000 Euro), sowie von 1868 bis 1885 an eben diesen adressierte Briefe (4000). (kron/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15. 6. 2006)