Das Gute an den Vätern ist, dass sie nie zu Hause sind. Und folglich gar nicht Bescheid wissen, was läuft. Sie wissen weder, was ihre Kinder bekümmert, noch was sie nicht bekümmert. Beides ist für die Kinder von großem Vorteil, denn nur so können sie die verschiedenen Rollen ausprobieren, die sie später im Leben einmal erfüllen sollen. Die Tochter schleicht verrucht mit bauchfreiem T-Shirt und dunklen Rändern unter den Augen durch das Wohnzimmer, der Sohn bleibt trotz drei Fünfern im Zeugnis total cool, und dem Vater fällt gar nichts auf.

Wir Mütter wissen alles über Schulerfolg oder -nichterfolg, über Träume und das Zerschellen von Träumen, über Liebe und Enttäuschung, krallen uns fest in den Herzen unserer Kinder, interpretieren Gesichtsausdruck, Stimmung, Verhalten, während die Väter gelassen ihre Zeitung lesen. Dadurch schaffen sie Distanz und Stabilität, und das ist, wie wir alle wissen, das Um und Auf für das kindliche Gedeihen.

Infantilisierte Väter

Wir Mütter wissen oder spüren das und untergraben daher ununterbrochen die Autorität der Väter. Indem wir sie infantilisieren. Das liegt auf der Hand, weil jemand, der Tag und Nacht mit Gedeih und Verderb seiner Kinder beschäftigt ist, oft gar nicht mehr zwischen Mann und Kind unterscheiden kann. Macht sich der Vater an dem Küchenkastl, das klemmt, zu schaffen, verdrehen Frau und Kinder die Augen: Der Papa ruiniert mal wieder unsere Küche! Viel Chancen lassen wir ihm dabei nicht. Macht er sich nämlich nicht an dem Küchenkastl zu schaffen, werfen wir ihm Desinteresse an Haus und Kindern vor. Und er soll es ja nicht wagen, sich abends, wenn er müde von der Arbeit heimkommt, über den Höllenlärm zu beschweren, den der Sohn mit dem Schlagzeug macht. Es wird ihm ewige Misslaunigkeit vorgeworfen, und wenn er Pech hat, rät ihm der Sohn, sich doch eine eigene Wohnung zu suchen. Also schweigt der Vater, was wiederum stabilisierend auf die Familie wirkt, da die Mütter ohnehin ununterbrochen reden. Film und Fernsehen übernehmen diese gesellschaftliche Aufgabe und unterstützen deshalb die Entmachtung der Väter.

Lächerlich und gefährlich

In vielen bei den Kindern beliebten Vorabendserien kommen die Väter entweder überhaupt nicht vor, weil es sie nicht gibt, oder sie treten in Küchenschürze auf, worüber merkwürdigerweise immer noch die meisten Menschen lachen. Sind sie nicht lächerlich, sind sie gefährlich. In den großen dramatischen Filmen laufen sie mit einer Pumpgun durch die Stadt mit dem Vorhaben, die ganze Familie niederzumähen, oder sie belästigen ohne Pumpgun die geschiedene Frau und die Kinder. Oder sie saufen. Oder haben Freundinnen, mit denen sie das ganze Geld verpulvern. Oder sie outen sich als schwul. "Ach ja, der Papa!" Aber meistens sind sie weder gefährlich noch schwul, sondern lächerlich. Der beste Vaterwitz momentan ist: Sitzt der Maxi in der Badewanne und ruft: "Mama, wo ist denn der Waschlappen?" Sagt die Mama: "Der ist schon im Büro, Maxi!"

Wie das bei mir war? Ich habe meinen Vater geliebt. Er hätte, wenn ihn meine Mutter nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, nie bemerkt, dass ich mit vierzehn heimlich rauchte, die gefärbten Haare wären ihm auch nicht aufgefallen, und als ich ihm sagte, dass ich die Schule abbrechen und Schauspielerin werden wollte, hat er nur "interessant" gemurmelt und seine Zeitung weitergelesen. Meine Mutter hat mir alles versaut. Die Zigaretten einzeln weggeworfen, die gefärbten Haare abgeschnitten und meine Schauspielerkarriere vermasselt. Nur wenn mein Vater bei den Familienfesten ein Gläschen zu viel getrunken hatte und seine Geschichten vom tschechischen Militär erzählte, waren meine Mutter und ich uns einig. Wir haben die Augen verdreht. "Ach ja, der Papa!" (DER STANDARD Printausgabe, 10./11.06.2006)