Noch nie wurde so eindringlich darauf hingewiesen, dass sich noch nie so viele Menschen für Fußball interessiert haben wie jetzt, zu Beginn jenes mehrwöchigen Ereignisses, das am Freitag offiziell eingetreten wurde. Sogar das Geschlechterproblem scheint gelöst: Immer mehr Frauen bekennen sich dazu, scharf auf die WM zu sein. Warum? - Vermutlich um die Männer von den Sofas in die Wirtshäuser zu verbannen.

Kaum ein Intellektueller, der Fußball dieser Tage nicht auf eine neue Metaebene hebt. Da die Hochkultur nicht von allein runterkommt, reicht man den Fußball zu ihr hinauf. Wäre da nicht Ioan Holender, hätte man in der Staatsoper schon eine Leinwand errichtet. Gar dreist ist der Chor jener, die den Sport zur Geisteswissenschaft erklären und behaupten, Fußball sei Religion. (Eine Theorie, die Nudelpartie-Nationen wie Österreich in den Agnostizismus stürzen würde.)

Bleiben wir doch auf dem Boden: Der Rasen ist grün, der Ball ist rund. Beim Zuschauen rühren sich nur jene Gehirnzellen, die vom Bier eliminiert werden. Kluge Köpfe können in Ruhe ausrauchen, stumpfe dahindösen. Fußballkonsum ist geistige Karenz. Alles außerhalb des Spielfelds ist einmal völlig legal - egal. (DANIEL GLATTAUER, DER STANDARD Printausgabe 10.06.2006)