Privatissimum für gestrandete Existenzen: Matt Dillon und Marisa Tomei in Bent Hamers Bukowski- Adaption "Factotum".

Foto: Filmladen
Wien - Er macht alles, was anfällt, aber das dafür nie sehr lang. Er liefert Eisblöcke aus, steckt Gurken in Einmachgläser oder arbeitet in einem Fahrradersatzteillager. Einmal hat er die Aufgabe, Plastiken an Häuserfassaden mit einem Staubwedel zu reinigen. Da gerät er ins Denken und fragt sich, warum er nicht Leitartikel in einer Zeitung schreibt. Später trinkt er ein Bier, wird dabei ertappt und natürlich sofort entlassen.

Henry "Hank" Chinaski versteht sich schließlich als Schriftsteller. Der US-amerikanische Lyriker und Romancier Charles Bukowski hat die Figur erschaffen und dabei unübersehbar Anleihen bei seiner eigener Person genommen. Ein Streuner und Taugenichts, heftiger Trinker und verkappter Frauenheld - mit einigem Talent für die Verdichtung dieses Lebensstils in erdige Prosa: Darin sind sich Chinaski und sein Schöpfer ziemlich ähnlich.

Mit Factotum hat der norwegische Regisseur Bent Hamer wieder einmal den Versuch unternommen, Bukowski/ Chinaski als Filmheld zu entdecken. Das gleichnamige Buch erzählt von den Lehr-und Wanderjahren des Underground-Autors. Ein zielloses Driften bestimmt auch den Film. Episoden werden aneinandergereiht, in denen Matt Dillon einen introvertierten Chinaski gibt, der seine Jobs öfter wechselt als die Frauen (Lili Taylor, Marisa Tomei), und der Alkoholkonsum die einzige Konstante darstellt.

Die Falle jeder Bukowski-Verfilmung ist die reine Darstellung eines Säuferdaseins. Denn erst in der Sprache des Dichters wächst dieses über sich hinaus und gerinnt zum existenziellen Ausdruck. Factotum entgeht ihr nicht, obwohl er einen gänzlich anderen Weg bestreitet als etwa Barbet Schroeders Barfly, der sich mit einem grandios delirierenden Mickey Rourke vor allem dem Exzess zuneigte.

Hamer wahrt zwar in seinen statischen Einstellungen Distanz zu Chinaskis Eskapaden und behandelt sie - mit ähnlicher Ausrichtung wie in seinem Erfolgsfilm Kitchen Stories - als Vorgaben für lakonisch inszenierte Situationskomik. Er bleibt aber immer noch zu wörtlich an einem Alltag und den dazu gehörigen Posen interessiert, um weit über die Beschreibung eines trüben Lebensstils hinaus zu gelangen. (DER STANDARD, Printausgabe, 10./11./12.6.2006)