"Die Kunst ist eine Hure"
(Andreas Mölzer, Kulturberater)
(Eine Großstadtgasse. Anrainer, Paare, Passanten. An eine Hauswand gelehnt, gelangweilt Kaugummi kauend, die Kunst, schrecklich schön. Einige Schritte von ihr entfernt, auf und ab gehend, Andreas Mölzer. Seine Augen kommen von der Kunst nicht los.

Zeit vergeht.

Mölzer nimmt sich ein Herz und tritt, sich ängstlich umblickend, an die Kunst heran. Er zieht seine Brieftasche und zeigt der Kunst deren Inhalt. Die Kunst spuckt den Kaugummi aus. Durch eine kaum merkliche Kopfbewegung deutet sie Mölzer, ihr zu folgen. Mölzer hält sie zurück und flüstert ihr etwas ins Ohr. Die Kunst tritt einen Schritt zurück und schüttelt empört den Kopf. Mölzer hält ihr noch einmal, mit vorgestreckten Armen, die Brieftasche hin. Die Kunst schüttelt noch einmal den Kopf, dreht sich um und entfernt sich. Mölzer geht ihr nach. Die Kunst, als sie es bemerkt, beginnt zu laufen. Auch Mölzer beginnt zu laufen.)

Die Kunst (laufend, schrill): Jack Unterweger! Jack Unterweger!

(Paare und Passanten bleiben stehen. Fenster und Türen gehen auf, Neugierige kommen auf die Straße. Andere Künste stellen sich zwischen Mölzer und die Kunst. Mölzer, dem die Szene peinlich ist, klappt die Brieftasche, die er immer noch mit ausgestreckten Händen vor sich gehalten hat, zu und steckt sie ein. Er zeigt auf die Kunst.)

Mölzer: Sie war's!

(Er verlässt fluchtartig die Bühne.)

(Vorhang)

(Antonio Fian / DER STANDARD, Printausgabe, 08.06.2000)