Wolfgang Seidel:
"Woher kommt das schwarze Schaf? Was hinter unseren Wörtern steckt."
9,80/256 Seiten. dtv, München 2006.

Buchcover: dtv

Karl-Wilhelm Weeber:
"Romdeutsch. Warum wir alle Lateinisch reden, ohne es zu wissen."
25,60/340 Seiten. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2006.

Buchcover: Eichborn Verlag
Die Lateinlehrer werden nie damit aufhören, dem Rest der Welt zu erklären, warum das Erlernen des Lateinischen dulce, decorum und unabdingbar für die Erreichung aller höheren Bildungsweihen ist. Das ist ja auch durchaus gut so, denn wenn sie es nicht täten, wer täte es sonst? Den jüngsten einschlägigen Versuch hat Karl-Wilhelm Weeber unternommen, seines Zeichens Gymnasialdirektor in Wuppertal und Verfasser eines Standardwerks zum Alltag im Alten Rom. Auf Anregung von Herausgeber Hans Magnus Enzensberger hat Weeber für die Andere Bibliothek ein Buch über Romdeutsch verfasst. Mit dem "Romdeutschen" ist dabei das "Erbe der lateinischen Sprache im Deutschen" gemeint, wie dies Weeber im Vorwort – Verzeihung: in der Praefatio – zu diesem lesenswerten Opus formuliert.

Auf 340 Seite stellt Weeber eine in der Tat imposante Anzahl von Wörtern vor, die sich in der einen oder anderen Art ins Deutsche hinübergerettet haben. Einem einleitenden Kapitel über die historischen Hintergründe der römisch- deutschen Sprachbeziehungen folgen Erörterungen über "Allerweltsverben" wie agere, facere und ponere, die in der Agenda, dem Fax, der Pose, Positur und Position weiterleben. Unter der Kapitelüberschrift "Extrawurst und Überschall" behandelt der Autor die Macht der Vorsilbe, und schließlich setzt er sich auch noch kurz und zum Glück ohne penetranten didaktischen Furor mit dem auseinander, was er "Dummlatein" nennt und ihn in seiner Seele besonders schmerzen muss.

Also: Es heißt "das" und nicht "der Virus", und "irgendeiner muss doch einem Ex-Außenminister Fischer sagen, dass es nicht die ,Visas‘ heißt, sondern die ,Visa‘ und dass, wenn man von nur einem spricht, ein ,Visum‘ ,ausreicht‘".

Nicht alles erschließt sich so leicht wie das Fax oder die Position: Wer weiß schon, dass im "Rivalen" der "rivus", der Bach oder Wassergraben steckt und mit Rivalen ursprünglich Leute gemeint waren, die ihr Wasser durch dieselbe Leitung beziehen und darüber leicht in Streit geraten? Auf solche feinen Fundstücke wird der Wortliebhaber an allen Ecken und Enden dieses schönen Lese- und Nachschlagebuchs stoßen.

Im Deutschen Taschenbuchverlag ist soeben ein Buch mit dem selbst erklärenden Titel "Woher kommt das schwarze Schaf? Was hinter unseren Wörtern steckt" erschienen. Es handelt sich um einen von Wolfgang Seidel aus diversen etymologischen und sonstigen Wörterbüchern kompilierten und geschickt nach Sachgruppen zusammengestellten Reader, der kurz, bündig und ohne großen wissenschaftlichen Anspruch die Herkunft vieler deutscher und Fremdwörter erläutert und die Hintergründe verblasster und daher nicht mehr verständlicher Sprachbilder erhellt.

Das Buch beschert dem Leser allerlei Aha-Effekte. Ein paar Kostproben: In "Hinz und Kunz" stecken zwei alte Kurzformen für Heinrich und Konrad, der "Firlefanz" war die Bezeichnung eines Springtanzes im Mittelalter, "Basilikum" ist das "Königskraut", denn "basil´eus heißt auf Griechisch ,König‘, und der starke, ,königliche‘ Duft rechtfertigt den Ehrentitel." "Abkratzen" war früher einmal kein derber Ausdruck für "sterben", sondern bedeutete "sich mit einem Kratzfuss verabschieden".

Bevor sich aber der Autor dieser Rezension, der selbst ein Wörterbuch betreibt, von seinen Lesern verabschiedet, nutzt er diesen Anlass noch schnell und schamlos zu einer Schleichwerbung: Schauen Sie doch auch einmal in "Winders Wörterbuch zur Gegenwart" . (ALBUM/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11./12.6.2006)