Wien - Unter den Großbanken und Versicherungen, die sich nach Vorliegen des US-Vergleichs der BAWAG noch im Juni auf die Finalisierung der 450-Millionen-Euro-Kapitalspritze für die angeschlagene Gewerkschaftsbank verständigen wollten, herrscht Missvergnügen um die neuen Entwicklungen rund um die BAWAG und ihren Noch-Eigentümer ÖGB.

Von "Vertrauensbruch" sprach ein nicht genannt werden wollender Vertreter eines großen Finanzinstituts gegenüber der APA. Von "Unverfrorenheit" ein anderer.

Dass BAWAG und ÖGB bisher unermüdlich erklärt hätten, dass zuletzt alles bereinigt worden, jetzt aber eine neuerliche spektakuläre "Umbuchung" mehrerer hundert Millionen Euro karibischer Verluste an Liechtenstein-Stiftungen bekannt wurde, und dass diese Entdeckung wieder mehrere Wochen lang verschwiegen worden sein soll, sorgt für Unmut bei heimischen Bankern.

Zusatz-Verlustmillionen

Seit Herbst 2005 sitzt der ÖGB über drei Stiftungen in Liechtenstein auf zusätzlichen 230 "BAWAG-Verlustmillionen", die auf diese Stiftungen geparkt wurden. Unmittelbar vor dem Auffliegen der BAWAG/Refco-Affäre habe der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) im Oktober 2005 von seinem damaligen Finanzchef Günter Weninger noch drei Stiftungen in Liechtenstein, gefüllt mit karibischen BAWAG-Verlusten, umgehängt bekommen, berichteten "Presse" und "Kurier" heute. Als im vergangenen Oktober die BAWAG mit P.S.K. verschmolzen worden sei, habe man eine komplizierte Umgründungsaktion gestartet, deren Sinn es gewesen sei, die Karibik-Verluste zu verschleiern, die den Marktwert der Bank unter deren Buchwert gedrückt hätten.

Was das alles jetzt für die BAWAG und ihre potenziellen Unterstützer heißt, ist nicht klar, denn auch an einer anderen Front hat die Bank ihre "Retter" verstimmt. Für die Kapitalspritze der Großbanken und großen Versicherungen über 450 Mio. Euro hatte sich die Finanzindustrie des Landes ohnedies nur auf höchsten politischen und Notenbank-Wunsch bereit erklärt. Die Debatten über die Art der Konstruktion und den genauen Teilnehmerkreis hielten zuletzt noch an. Nachdem die BAWAG aber an disem Dienstag ankündigte, mit besonders günstigen Konditionen treue Kunden belohnen und abgesprungene zurück holen zu wollen, brandete in einigen Häusern gewaltiger Ärger auf:

Kampfpreise

" Kampfpreise um unser Geld", empörte man sich in einer Großbank. "Billigen Jakob spielen mit Subventionen". Aber man habe einen schwachen Trost parat: "Es ist damit zu rechnen, dass mit einem neuen Eigentümer wirtschaftliche Vernunft einkehrt".

Die in der Nacht auf den 2. Mai zugesagte Eigenkapitalspritze der österreichischen Finanzindustrie für die von Karibik- und Refco-Verlusten fast in den Abgrund gerissene BAWAG sollte nach Informationen von Anfang dieser Woche noch im Laufe des Juni perfekt gemacht werden. Ob es vor dem endgültigen Okay des New Yorker US-Konkursgerichts (Ende Juni) dazu kommt, gilt mittlerweile wieder als unsicher. Auch die jetzigen Enthüllungen hätten die Atmosphäre verschlechtert, heißt es.

Die BAWAG braucht aber dringend frisches Eigenkapital. (APA)