Washington - In ihrem Streit mit der Führungsspitze der Vereinten Nationen lässt die US-Regierung nicht locker. Außenministerin Condoleezza Rice rief UNO-Generalsekretär Kofi Annan an, um ihm ihre "Enttäuschung" über eine Rede von dessen Stellvertreter Mark Malloch Brown zu übermitteln, wie Ministeriumssprecher Sean McCormack am Donnerstag in Washington mitteilte.

Brown hatte am Dienstag die Einstellung der US-Regierung gegenüber der UNO scharf kritisiert: Einerseits nutzten die USA die Vereinten Nationen "fast heimlich" als diplomatisches Instrument, andererseits wollten sie die UNO aber nicht gegen die Kritiker im eigenen Land in Schutz nehmen.

"Nahezu beispiellos"

McCormack bezeichnete diese Äußerungen als "nahezu beispiellos" und "enttäuschend". Nach seinen Angaben rief zudem Außenstaatssekretär Nicholas Burns direkt bei Brown an, um die Kritik daran vorzutragen, dass dieser ein einzelnes Land derart "herausgestellt" habe. In der Geschichte lasse sich kaum ein Beispiel finden, wo ein hoher Verantwortlicher der UNO einen einzelnen Mitgliedstaat derart angegriffen habe, sagte McCormack. Bereits am Vortag hatte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Bolton, die Rede Browns scharf kritisiert und Annan aufgerufen, seinen Vize in die Schranken zu weisen.

Brown, der britischer Staatsbürger ist, hatte hervorgehoben, dass die USA mit der UNO bei Themen wie dem Iran, Afghanistan, dem Libanon oder Syrien kooperierten. Zugleich bleibe die öffentliche Debatte in den Vereinigten Staaten über die Rolle der UNO aber ihren "lautstärksten" Kritikern wie etwa dem Fernsehsender Fox News überlassen.

Der Streit findet vor dem Hintergrund der zähen Verhandlungen über die interne Reform der UNO statt. Der Weltorganisation droht die Handlungsunfähigkeit, wenn bis Ende des Monats keine Einigung gefunden wird. Zu diesem Datum läuft eine vorläufige Kompromisslösung für das UN-Budget aus, die im Dezember erzielt worden war. Die Mitgliedsländer hatten der UNO für dieses halbe Jahr Ausgaben in Höhe von 950 Millionen Dollar (743 Millionen Euro) bewilligt, die Freigabe weiterer Mittel aber vom Fortschritt der Reform abhängig gemacht. Die USA haben gedroht, ihre Beiträge einzufrieren, sollte es bis Ende Juni keine Einigung geben. (APA)