Wien - Zur Vorgeschichte: Die VA Tech wurde im Vorjahr von Siemens Österreich übernommen. Nach einem öffentlichen Übernahmeangebot von 65 Euro je Aktie wurde der verbleibende Streubesitz, dem das Angebot zu gering war, hinausgespalten. Diese Inhaber von 25.904 VA-Tech-Aktien haben eine gerichtliche Überprüfung über die Angemessenheit der angebotenen Barabfindung beantragt. Zwei Drittel dieser verbleibenden Aktionäre werden nun vom Rechtsanwalt Kurt Berger vertreten, der eine Nachbesserung des Angebots um 150 Euro je Aktie verlangt. Berger hat vor wenigen Wochen für die Generali-Kleinaktionäre eine deutlich höhere Barabfindung erreicht, als die Versicherung ursprünglich zu zahlen bereit war.

Unternehmenswert neu prüfen

Bereits in ihrer ersten Sitzung hat die vom Gericht eingesetzte Überprüfungskommission mit dem Wirtschafts- und Steuerprüfer Karl Bruckner einen Sachverständigen eingesetzt, der den Unternehmenswert der VA-Tech neu überprüfen soll. Thomas Keppert, im Zivilberuf Wirtschafts- und Steuerprüfer, hat als Mitglied des Überprüfungsgremiums, "Siemens bereits vorgerechnet, dass bei der der Spaltung zugrunde gelegten Unternehmensbewertung der falsche Stichtag, eine falsche Eigenkapital-Risikoprämie, ein falscher risikofreier Marktzinssatz und ein falscher Beta-Faktor gewählt wurde - alles zulasten der Streubesitzaktionäre", sagte Berger zum STANDARD. Allein aus der Korrektur dieser Parameter ergebe sich ein um 12,96 Prozent oder um rund 130 Mio. Euro höherer Unternehmenswert.

Einblick in "black box

Berger verlangt nun in der nächsten Gerichtsrunde, dass dem neuen Sachverständigen, Bruckner, Einblick in die "black box" der VA-Tech-Hydro, samt der Bewertung von Verlustvorträgen (eine Milliarde Euro) gewährt wird. Siemens hat diese Überprüfung bisher mit der Begründung abgelehnt, dass man am 30. 6. 2005 (an diesem Tag wurde das Bewertungsgutachten fertig gestellt) nicht gewusst habe, dass die VA Tech Hydro verkauft werden müsse. Die entsprechende Auflage habe man erst mit der Entscheidung der EU-Kommission am 13. 7. 2005 erhalten. Überraschend kam das freilich nicht, da die VA-Tech Partei dieses EU-Verfahrens war und daher die Bedenken der EU-Kommission kannte; Siemens hat nämlich die wettbewerbsrechtlichen Zusagen der EU am 25. 5. 2005 mitgeteilt.

"Fakt ist, dass die VA Tech aufgrund der Verkaufsauflage am Tag der Hauptversammlung (23. 8. 2005) einen qualitativ und quantitativ anderen Unternehmenswert hatte, als am Stichtag der Bewertung (31. 12. 2004). Fakt ist auch, dass durch die Nichtinformation über die ,black box' Siemens voraussichtlich die Verfahrenskosten von voraussichtlich vier Mio. Euro tragen wird müssen, was einer Nachbesserung von 150 Euro pro Aktie entspricht", argumentiert Berger. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.6.2006)