Foto: Gerhard Wasserbauer

Im Restaurant "Nemtoi" des "Levante Parliament" lodern gläserne Flammen.

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Essen gibt es auch...

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Als der Bau in der Wiener Auerspergstraße 1908 als Sanatorium eröffnet wurde, galt er als unerhörte Sensation: Architekt Robert Oerley, neben Adolf Loos ein wesentlicher Vertreter der frühen Moderne, hatte zwei Jahre vor dem Skandal um dessen "Haus ohne Augenbrauen" am Michaelerplatz ein für die ornamentverliebte Kaiserstadt extrem strenges Gebäude realisiert, dessen spektakulär im Dachgeschoss untergebrachte Operationssäle Architekturgeschichte schreiben sollten - was sie freilich in den 60er-Jahren nicht vor der Zerstörung schützen konnte.

Nach dem Krieg war der Stahlbetonbau lange Jahre ein Studentenheim - dem Vernehmen nach hauste seinerzeit auch Bürgermeister Häupl ebenda -, und seit Mitte Mai ist es nach jahrelangem Umbau und immer wieder verschobener Eröffnung ein Designhotel samt Restaurant. Betreiber ist die Levante-Gruppe, die neben zahlreichen Kebab-Restaurants und den "Il Tempo"-Cafés auch das Appartementhotel "Levante Laudon" in Wien-Josefstadt besitzt.

"The Levante Parliament"

Das neue Hotel heißt "The Levante Parliament" und ist als Flaggschiff der Gruppe konzipiert. Der rumänische Künstler Ioan Nemtoi hat dem Hotelrestaurant seinen Namen geliehen und Glasobjekte zur Verfügung gestellt, die das Hotel im einst strengen Bau behübschen und auch an Ort und Stelle erstanden werden können. Ein mächtiger Bartresen, zweieinhalb Tonnen schwer und mit Zylindern aus rotem Glas gefüllt, schlägt etwa mit 280.000 Euro zu Buche, bunte Schalen auf den Zimmern sind mit schmäleren Preisschildern versehen - ab 580 Euro gibt es Nemtoi zum Mitnehmen.

Die Küche übt sich im nicht mehr ganz so angesagten Fusion-Stil: Der Tafelspitz wird "asiatisch" mariniert, die Frühlingsrolle mit Büffelmozzarella und, uijegerl, Trüffelöl gefüllt. Dem fröhlich bitteren Frühlingskräutersalat mit Löwenzahn und Spinat kann das nichts anhaben, er überzeugt mit sehr gutem Dressing und Knoblauch-Croutons. Die Flusskrebs-Sulz mit Zuckerschoten und Zitronen-Safransauce war wohl zu ambitioniert für die Küche - sie zerrinnt, bevor der Teller den Tisch erreicht und schmeckt in der Hauptsache nach kalter Hühnersuppe. Zum lange gebratenen Filetsteak gibt es knackiges Wok-Gemüse und "indischen Linsenflan", worunter offenbar besonders dicker Keks zu verstehen ist. Bemühte Bedienung durch sehr junge Menschen in T-Shirts und bunten Schürzen. So der Frühling doch noch kommt, soll auch im Innenhof mit Wasserbecken und rosa Lichtinstallation gesessen werden können. (Severin Corti/Der Standard/rondo/09/06/2006)