Wissende Geheimdienste
Dass er offene Worte nicht scheut, zeigte der 61-Jährige bei der Vorstellung des Berichts. Es sei "nicht vorstellbar", dass die europäischen Geheimdienste nichts von den umfangreichen CIA-Flügen über Europa gewusst hätten, sagte Marty. "Sonst müssten wir uns wirklich Sorgen machen." Zugleich kritisierte er erneut, dass viele Regierungen seiner Ermittlungsarbeit eher Steine in den Weg gelegt haben als ihn zu unterstützen. Deutschland etwa habe sich bei seinen Anfragen häufig hinter der Geheimhaltung versteckt.
Marty weiß aber auch, dass die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo zwischen pauschalen Vorwürfen und Dementis liegt. "Rechtskräftige Beweise" für die Verstrickung von Staaten des Europarats kann er nicht liefern. Mehrfach sei ihm erklärt worden, dass zwar die Regierung nichts gewusst habe, wohl aber bestimmte Geheimdienste oder auch nur Teile von diesen, sagt er. Der wendige Jurist hilft sich deshalb mit Umkehrschlüssen. So habe US-Außenministerin Condoleezza Rice im Dezember schriftlich versichert, die USA nie hätten die Souveränität der Staaten in Europa verletzt. Für Marty heißt das: Die Europäer waren eingeweiht.
Auszeichnung für Einsatz gegen Drogenhandel
Schon in seiner früheren Tätigkeit als Staatsanwalt des Schweizer Kantons Tessin war Marty für den offensiven Stil bekannt. Für seinen Einsatz beim Kampf gegen den internationalen Drogenhandel erhielt er 1987 sogar ausgerechnet eine Auszeichnung des US-Justizministeriums. Auch in der Parlamentarier-Versammlung des Europarats, wo der Vater von drei Töchtern seit 1998 Mitglied der liberalen Fraktion und seit einigen Monaten Vorsitzender des Rechtsausschusses ist, packte er wiederholt heiße Eisen an. Für die Versammlung erarbeitete er unter anderem Berichte über Drogenpolitik und Sterbehilfe.
Beweislastumkehr für Rumänien und Polen
Marty ist inzwischen überzeugt, dass es in Polen und Rumänien Geheimgefängnisse der CIA gab, was beide Staaten vehement bestreiten. Aus seiner Not, mit einer Handvoll Mitarbeitern tausenden verdächtigen Flügen ohne wirksame Ermittlungsbefugnisse auf den Grund zu gehen, macht er frech eine Lanze und verlangt die Beweislastumkehr. So müssten Polen und Rumänien nach Vorlage seines Berichts jetzt beweisen, dass seine detailliert untermauerten Vorwürfe nicht stimmten.