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Dick Marty präsentierte am Mittwoch den Bericht des Europarates.

Foto: Reuters/MAL Langsdon
Paris - Dick Marty ist hartnäckig. Eine Qualität, die der ehemalige Staatsanwalt in den vergangenen Monaten brauchte. Seit Dezember klärte er für den Europarat, ob der US-Geheimdienst CIA in Europa Geheimgefängnisse betrieb und Terrorverdächtige in Staaten ausflog, die für ihre Folterpraktiken bekannt sind. Dabei beklagte der Schweizer mit dem leicht ergrauten Vollbart auch bei der Vorstellung seines Abschlussberichts am Mittwoch, dass viele europäische Staaten ihn dabei nicht gerade unterstützten - von den USA ganz zu schweigen. Dennoch hat Marty ein detailliertes Bild der CIA-Flüge über Europa gezeichnet, auch wenn ihm meist handfeste Beweise fehlen - ein "Spinnennetz" für das der Jurist nun weitere Aufklärung fordert.

Wissende Geheimdienste

Dass er offene Worte nicht scheut, zeigte der 61-Jährige bei der Vorstellung des Berichts. Es sei "nicht vorstellbar", dass die europäischen Geheimdienste nichts von den umfangreichen CIA-Flügen über Europa gewusst hätten, sagte Marty. "Sonst müssten wir uns wirklich Sorgen machen." Zugleich kritisierte er erneut, dass viele Regierungen seiner Ermittlungsarbeit eher Steine in den Weg gelegt haben als ihn zu unterstützen. Deutschland etwa habe sich bei seinen Anfragen häufig hinter der Geheimhaltung versteckt.

Marty weiß aber auch, dass die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo zwischen pauschalen Vorwürfen und Dementis liegt. "Rechtskräftige Beweise" für die Verstrickung von Staaten des Europarats kann er nicht liefern. Mehrfach sei ihm erklärt worden, dass zwar die Regierung nichts gewusst habe, wohl aber bestimmte Geheimdienste oder auch nur Teile von diesen, sagt er. Der wendige Jurist hilft sich deshalb mit Umkehrschlüssen. So habe US-Außenministerin Condoleezza Rice im Dezember schriftlich versichert, die USA nie hätten die Souveränität der Staaten in Europa verletzt. Für Marty heißt das: Die Europäer waren eingeweiht.

Auszeichnung für Einsatz gegen Drogenhandel

Schon in seiner früheren Tätigkeit als Staatsanwalt des Schweizer Kantons Tessin war Marty für den offensiven Stil bekannt. Für seinen Einsatz beim Kampf gegen den internationalen Drogenhandel erhielt er 1987 sogar ausgerechnet eine Auszeichnung des US-Justizministeriums. Auch in der Parlamentarier-Versammlung des Europarats, wo der Vater von drei Töchtern seit 1998 Mitglied der liberalen Fraktion und seit einigen Monaten Vorsitzender des Rechtsausschusses ist, packte er wiederholt heiße Eisen an. Für die Versammlung erarbeitete er unter anderem Berichte über Drogenpolitik und Sterbehilfe.

Beweislastumkehr für Rumänien und Polen

Marty ist inzwischen überzeugt, dass es in Polen und Rumänien Geheimgefängnisse der CIA gab, was beide Staaten vehement bestreiten. Aus seiner Not, mit einer Handvoll Mitarbeitern tausenden verdächtigen Flügen ohne wirksame Ermittlungsbefugnisse auf den Grund zu gehen, macht er frech eine Lanze und verlangt die Beweislastumkehr. So müssten Polen und Rumänien nach Vorlage seines Berichts jetzt beweisen, dass seine detailliert untermauerten Vorwürfe nicht stimmten.

Für Marty ist die vollständige Aufklärung der CIA-Affäre dabei nicht nur eine Frage von Verstößen gegen Menschenrechte und geltende Justizstandards in der Vergangenheit. Er prangert eine "juristische Apartheid" an, die es ermöglicht habe, Menschen arabischer Abstammung ihre Rechte vorzuenthalten. Dies sei "extrem gefährlich" und zeichne ein schlechtes Bild des Westens in der arabischen Welt. "So etwas kann nur neuen Terrorismus schaffen." (APA/AFP)