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Mit dem Erwerb von NeuTec stärkt Novartis sein Portfolio zur Behandlung von resistenten Bakterienstämmen und schweren Pilzerkrankungen.

Foto: AP/Schmidt
Zürich - Der Pharmakonzern Novartis will für 690 Mio. Franken (442 Mio. Euro) die britische Biotechnologiefirma NeuTec übernehmen und damit sein Portfolio im Bereich Infektionskrankheiten weiter ausbauen. Novartis bietet laut Angaben vom Mittwoch 10,50 Pfund Sterling (15,2 Euro) in bar pro NeuTec-Aktie. Der Verwaltungsrat von NeuTec und Großaktionäre, die 39 Prozent an dem Unternehmen halten, unterstützen das Offert, hieß es.

Mit dem Erwerb von NeuTec stärkt Novartis sein Portfolio zur Behandlung von resistenten Bakterienstämmen und schweren Pilzerkrankungen. Für den am weitesten fortgeschrittenen Wirkstoff Mycograb gegen die potenziell lebensbedrohliche Pilzinfektion Candidia läuft in Europa bereits das Zulassungsverfahren. In den USA ist der Zulassungsantrag für 2009 geplant. Weitere Indikationen, unter anderem zur Brustkrebsbehandlung werden untersucht.

Am Vortag waren die NeuTec-Aktien um über 80 Prozent nach oben geschnellt, nachdem die Firma bekannt gegeben hatte, in Übernahmeverhandlungen zu stehen. Der von Novartis offerierte Preis entspricht einer Prämie auf den Kurs vor den Übernahmeberichten von 109 Prozent.

Das zweite fortgeschrittene NeuTec-Mittel Aurograb gegen Antibiotika-resistente Bakterienstämme (MRSA) befindet sich in den spätklinischen Phase III-Studien und soll 2010 in den USA und der EU zur Zulassung angemeldet werden.

Novartis-Papiere unbeeindruckt

An der knapp behaupteten Börse notierten die Novartis-Aktien gegen Mittag unverändert bei 66,90 sFr. Der Index der europäischen Gesundheitswerte tendierte marginal höher. Novartis haben dieses Jahr bisher leicht an Wert verloren und liegen auch etwas hinter der Performance des Sektorindexes zurück. Die NeuTec-Titel stiegen in London nach dem Kurssprung vom Vortag um weitere gut 16 Prozent auf 10,71 Pfund.

Die Zürcher Kantonalbank beurteilte den Kaufpreis als hoch. Der attraktive Markt und die schon in weit fortgeschrittenen NeuTec-Produkte relativierten den Preis allerdings, so ZKB-Analyst Hernani de Faria.

Laut Karl Heinz Koch von Lombard Odier Darier Hentsch erhält Novartis mit neuTec Zugang zum dynamischen Krankenhaussektor des weltweiten Infektionsmarktes.

Laut Dresdner Kleinwort Wasserstein scheine der Kaufpreis auf den ersten Blick hoch, Novartis zahle jedoch lediglich rund ein Mal den zu erwartenden Mycograb-Umsatz.

NeuTec ist eine relative Seltenheit unter den Biotechnologieunternehmen. Die Firma hat einige nahe an der Marktreife stehenden Produkte, die jedoch noch nicht wie sonst in der Branche üblich an einen größeren Pharmakonzern als Partner vergeben sind.

Ausbau der Palette

Novartis versucht seit rund zwei Jahren, seine Palette für Infektionskrankheiten auszubauen, und konzentriert sich dabei auf Hepatitis und lebensbedrohliche Infektionen.

Erst am Vortag hatte der Konzern von der US-Biotechnologiefirma Human Genome Sciences für bis zu 507 Mio. Dollar das experimentelle Hepatitis C-Medikament Albuferon übernommen. Und im März hatte Novartis von Idenix Pharmaceuticals in den USA einen anderen Hepatitis C-Wirkstoff erworben.

Die Novartis-Offerte zeigt einmal mehr, wie hoch die Zuschläge ausfallen, die in der Pharmabranche momentan für Biotechnologiefirmen gezahlt werden. Im Mai kündigte die britische AstraZeneca an, die Cambridge Antibody Technology Group (CAT) für 1,3 Mrd. Dollar (1,48 Mrd. Euro) zu übernehmen, was einer Prämie von 67 Prozent entsprach. Und der US-Konzern Pfizer zahlte im vergangenen Jahr 1,9 Mrd. Dollar oder eine Prämie von 84 Prozent für Vicuron Pharmaceuticals.

Einen Gewinn können Biotechnologiefirmen meist nicht vorweisen, da sie noch keine Medikamente auf dem Markt haben, sondern diese erst entwickeln. Die 1997 gegründete NeuTec hatte 2005 einen Vorsteuerverlust von 2,9 Mio. Pfund verzeichnet. (APA/Reuters)