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An Raul scheiden sich die Geister.

Foto: APA/AP/Bustamante
Madrid - Raul war einst das Wunderkind des spanischen Fußballs. Heute ist der 28 Jahre alte Stürmerstar von Real Madrid zu einem Problemfall geworden. Der Kapitän der "Königlichen" und der Nationalelf gilt nicht mehr als ein "Heiligtum", sondern wird offen in Frage gestellt. Gehört Raul bei der WM noch in die Seleccion? An dieser Frage scheiden sich in Spanien die Geister. Die Fans sind in zwei Lager gespalten. Nach einer Umfrage des Sportblatts "Marca" sähen 50,1 Prozent den Kapitän lieber auf der Ersatzbank. Dagegen meinen 49,9 Prozent, dass er in die Stammelf gehört.

Raul Gonzalez Bravo, wie er mit vollständigem Namen heißt, ist so etwas wie eine lebende Legende des spanischen Fußballs. Schon mit 25 Jahren hatte er so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Mit Real wurde er viermal spanischer Meister und dreimal Champions-League-Sieger. In der Nationalelf ist er mit 43 Treffern in 94 Länderspielen mit Abstand der erfolgreichste Schütze. Seit gut zwei Jahren jedoch steckt er in einer Schaffenskrise. Er wirkt ausgebrannt, obwohl er im besten Fußballeralter ist.

Totale Torsperre

Über sieben Monate schoss er kein einziges Tor - weder für Real noch für das Team. Spanien stand vor der Frage: Was soll man mit einem Torjäger anfangen, der nicht mehr trifft? Vieles deutete darauf hin, dass ausgerechnet der renommierteste spanische Kicker bei der WM ins zweite Glied zurückversetzt werden würde.

Aber dann brach der Bann. Im Testspiel am Samstag gegen Ägypten erzielte Raul beim 2:0-Sieg wieder ein Tor - das erste nach 218 Tagen. Plötzlich stiegen seine Chancen auf einen Stammplatz. "Nach dem ersten Treffer werden weitere folgen", ist sich der Stürmer sicher. Sein Optimismus kennt keine Grenzen mehr: "Wer will, kann auf mich als Torschützenkönig der WM setzen. Warum auch nicht?"

"Er ist ein Meister des Zuspiels"

Nationaltrainer Luis Aragones lobt den Kapitän in höchsten Tönen: "Seine Spielweise erinnert an die von Ferenc Puskas. Raul lupft den Ball wie kein Zweiter. Er ist ein Meister des Zuspiels und des Doppelpasses." Rauls Stärken hatten immer in seinem Torinstinkt und seiner Schlitzohrigkeit gelegen. Er war nie besonders schussstark und auch kein Kopfballspezialist. Sein Ex-Trainer Jorge Valdano verglich ihn einmal mit dem Comic-Helden Lucky Luke, der den Colt schneller zieht als sein Schatten. "Raul läuft sich so geschickt frei, dass er sogar seinem Schatten entwischt."

Dennoch sind Zweifel geblieben. Weil der Stürmer nicht mehr ganz so flink ist wie früher, zog Aragones ihn in die zweite Reihe hinter die Angriffsspitzen zurück. Der Madrilene soll quasi den "letzten Pass" spielen. Kritiker wenden jedoch ein, dass Spanien mit Xavi oder Andres Iniesta (beide FC Barcelona) bessere Zuspieler in seinen Reihen hat. "Im Testspiel gegen Ägypten spielte Raul keinen einzigen Pass", wandte die Zeitung "El País" ein. Und sein Treffer, mäkelte das Sportblatt "As", sei eigentlich nur ein "Törchen" gewesen, nämlich ein banales Abstaubertor.(APA/dpa)