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Van der Bellen: Westenthaler und Strache versuchen sich gegenseitig zu überbieten, wer "rechtser und ausländerfeindlicher" ist.

foto: apa/newald
Wien - Wahlkampf-gerecht gestalteten die Grünen den Auftakt ihrer zweitägigen Bundestagung am Dienstag im Europahaus in Wien. Bundessprecher Alexander Van der Bellen warf den anderen vier Parlamentsparteien Fremdenfeindlichkeit und eine rückwärts gewandte Politik vor und stellte die Grünen mit ihren acht "Zukunftsprojekten" als die einzige Alternative dar.

ÖVP, SPÖ, BZÖ und FPÖ würden sich "in fremdenfeindlichen und religionsfeindlichen Aussagen" überbieten - "aber es gibt ein kleines gallisches Dorf, das von den Grünen bewacht und verteidigt wird, und auf diese rückwärts gewandte Politik nicht einsteigen wird", sagte Van der Bellen. Der ÖVP warf er vor, keine Wirtschafts- und nur "Machtkompetenz" zu haben. Die SPÖ wiederum sei "nicht die Alternative, die sie sein könnte" zur fehlenden Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialkompetenz der ÖVP.

ÖVP

Den längsten Teil der Rede widmete Van der Bellen der ÖVP - um ihr die Wirtschaftskompetenz abzusprechen, mit vielen Beispielen von der Arbeitslosigkeit oder der Ökostromnovelle über den Eurofightervertrag, die mangelnden Lesefähigkeit von 20 Prozent der Schulabgänger, die ausschließliche Förderung der Großkonzerne bis zur Causa Bawag (wo Kanzler Wolfgang Schüssel noch "Öl ins Feuer" gegossen habe) und den ORF.

Zwei Kompetenzen attestierte Van der Bellen der ÖVP: Jene, "Seifenblasen zu erzeugen und Potemkinsche Dörfer aufzubauen" - und "Machtkompetenz", die sie "aus dem ff" beherrsche. Als Mittel "effizienter Politik" verstehe die ÖVP offenbar "das Verbreiten von Öde" - unter dem Motto "die da draußen gewöhnen sich eh an alles". Aber die Grünen würden sich diese "Öde und Langeweile ... weder im ORF noch sonstwo bieten lassen".

Westenthaler

Neuerlich scharf kritisierte Van der Bellen BZÖ-Spitzenkandidat Peter Westenthaler für seine Forderung, "400.000 Menschen zu deportieren". Zwischen Westenthaler und FPÖ-Chef Heinz Christian Strache kann Van der Bellen keinen Unterschied ausmachen, "außer dass sie sich gegenseitig zu überbieten versuchen, wer rechtser und ausländerfeindlicher ist".

Van der Bellen kritisierte aber auch ÖVP und SPÖ, die zu Westenthalers Forderung nur schweigen würden. Was ihn zu dem Schluss führte, dass auch die SPÖ keine Alternative sei - habe sie doch dem Fremdenrechtspaket oder der Ökostromnovelle zugestimmt oder in Kärnten einen Ortstafel-Kompromiss verhindert.

Prokop

Ebenfalls noch einmal aufs Tapet brachte Van der Bellen die Aussage von Innenministerin Liese Prokop (V), dass 400.000 Ausländer in Österreich nicht integrationswillig seien. Er selbst gehöre zu der "ganz berüchtigten Gruppe" der Immigranten zweiter Generation - und er fange auch an, sich als "ausgesprochen integrationsunwillig zu betrachten, nämlich in das Menschen- und Gesellschaftsbild der ÖVP".

ORF

Nicht fehlen durften Ausführungen zum ORF - die Grünen berufen ja eine Sondersitzung dazu ein. Auch unter der SPÖ habe es Interventionen gegeben, "aber neu ist, dass der Wahlkampfleiter der ÖVP direkt im ORF sitzt und nicht außerhalb", meinte er unter Hinweis auf Chefredakteur Werner Mück.

"Das, was die ÖVP will, sind klatschende Lindners", stellte Van der Bellen angesichts des Auftritts von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner bei Schüssels "Rede zur Lage der Nation" fest - und das überall, auch im Parlament oder im Verfassungsgerichtshof.

Als "Situation der Verengung und Feindlichkeit" fasste Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny die derzeitige politische Lage zusammen. Die Grünen würden dem mit ihren insgesamt acht "Zukunftsprojekten" positive Perspektiven und ein Klima der Offenheit und Weltoffenheit entgegensetzen.

Arbeitskreise

Nach dem Auftakt setzten sich die rund 80 Teilnehmer - Mandatare aus dem Parlament, dem EU-Parlament und den Landtagen sowie Delegierte der Länder und der Bildungswerkstatt - in Arbeitskreisen zusammen, um über die "Zukunftsprojekte" zu diskutieren, die am Mittwoch präsentiert werden: "Alles Bio", "Grünes Wachstum", "Niemanden ausgrenzen" und "Freiheit statt Bevormundung". Vier Projekte - "Energiewende", "Raus aus der Armut", "Vorrang für Frauen" und "Bildungsland Österreich" - wurden bereits bei zwei Bundeskongressen ausführlich behandelt. (APA)