Erinnerungsfoto vom Wiener Riesenrad: Mittwoch, um 20.15 Uhr spielen 25 Kandidaten aus allen EU-Ländern in fünf Teams um 25.000 Euro.

Foto: ORF/Badzic
Angeblich auf des Kanzlers Wunsch spielen Mittwoch 25 Jugendliche aus den EU-Ländern in der ORF-Show "Wir sind Europa" um 25.000 Euro. "Kein Spiegelbild der Gesellschaft", sagt Moderatorin Barbara Stöckl.

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Was machen 25 Jugendliche, wenn sie auf Reisen sind? "Sie geben Vollgas", stöhnt Barbara Stöckl, Moderatorin von "Wir sind Europa". Dass sich die Show für einige rein gruppendynamisch bereits rentiert hat, noch bevor sie überhaupt stattgefunden hat, davon durften sich Dienstag früh Journalisten überzeugen: Übernachtig, aber gut gelaunt verfolgten die Kandidaten aus 25 EU-Ländern den ORF-Trailer zur Show - und hatten ganz offensichtlich mit sich selbst den größten Spaß.

"Wir machen von Birkenzweigen solche Buschen", erklärt etwa die Finnin Maija Saunatechniken via Bildschirm - und wird prompt mit schallendem Gelächter belohnt. Die Italienerin Anna erntet ein kollektives "Oooohh!", als sie von Kunst, Bauwerken, Meer und Sonne ihres Landes schwärmt. Zustimmung auch für Beatriz, der Spanierin, die sich selbst als "temperamentvoll" beschreibt. Für 25 Jugendliche ist diese Show ein Erfolg.

Ob Europa auch dem ORF-Publikum so viel Unterhaltungspotenzial bietet, wird sich Mittwoch 20.15 Uhr, weisen. Das Thema EU erfreut sich bekanntlich nicht allzu großer Beliebtheit. Darüber mache sie sich auch Sorgen, gesteht Stöckl: nämlich, ob die negative EU-Einstellung vieler Österreicher "zum Einschalten oder zum Abschalten" verhilft.

Ohne "Paris brennt"

Die Show sei natürlich kein Spiegelbild der Gesellschaft: "'Paris brennt' findet bei uns nicht statt", sagt Stöckl, die mit ihrer Firma kiwi gleichzeitig produziert und ausschließlich Deutsch sprechende Kandidaten durch Castings auswählte. Die Show sei schon rein logistisch eine Herausforderung. Warum muss es live sein? "Du kannst eine ganz andere Stimmung erzeugen", sagt Stöckl. Um die ging es angeblich auch dem Bundeskanzler, der die Show wünschte, was der ORF bis Redaktionsschluss weder bestätigte noch dementierte.

"Jeder glaubt, in Ungarn heißen alle Frauen Piroschka, und wir essen nur Gulaschsuppe", tritt Nikolett gegen gängige Klischees an. Möglich, dass sie schnell an ihre Grenzen stoßen wird, denn der Trailer verspricht eher das Gegenteil: Der Schwede Carsten empfiehlt Hering, der Franzose Jérome vermisst im Ausland guten Käse und Jürgen, der Österreicher, braucht die Natur. Stöckl widerspricht nicht, glaubt aber an eine Weiterentwicklung: "Wenn wir etwa das Vorurteil vom humorlosen Deutschen korrigieren können, warum nicht?" (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 7.6.2006)