Buchcover: Czernin
Wien - Politische Quereinsteiger werden als Stimmenmagneten für den Wahlkampf und als Werbeträger für Parteien engagiert. Quereinsteiger werben mit ihrer Prominenz und geben ein Image an ihre Partei weiter. Die meisten prominenten Quereinsteiger überleben allerdings nicht sehr lange in der Politik, bereits am Wahltag haben sie ihre Aufgabe erfüllt. Diese Thesen vertritt der bekannte ORF-Journalist Armin Wolf in seinem Buch "Promi-Politik - Prominente Quereinsteiger im Porträt". Mittwochabend diskutierte Wolf bei der Buchpräsentation im News-Tower mit Polit-Profis und Quereinsteigern darüber, was Quereinsteiger in der Politik eigentlich können.

"Quereinsteiger sind ein Symptom für den Verfall der Demokratie. Reine Prominenz reicht aus, um zu reüssieren. Das führt zur Abwertung von Politik als Beruf", provozierte der Philosoph Konrad Paul Liessmann gleich zu Beginn die Politiker-Runde. "In der Mediendemokratie wirkt der Prominente als Stimmen-Akkumulator." Zugleich handle es sich um eine "konsequente Fortentwicklung der Demokratie". Die Führungselite reproduziere sich nicht selbst, jeder Bürger habe die Möglichkeit sich zu engagieren.

Mischung aus Politikern von der Basis und Prominenten

"Man braucht eine Mischung aus Politikern von der Basis und Prominenten, die für etwas Bestimmtes stehen. Das hängt mit der zunehmenden Medialisierung der Politik zusammen", gab SPÖ-Kommunikationschef Josef Kalina zu verstehen. "Zeit im Bild"-Moderator Josef Broukal wurde bei der vergangenen Nationalratswahl geholt, weil ihn viele Österreicher kennen. Broukal habe aber auch über Fachwissen im Bereich Wissenschaft verfügt und sich bewährt. Der Journalist Hans-Peter Martin wurde geholt, um bei der EU-Wahl eine "schlappe Liste aufzupeppen". Auch wenn es später zum Bruch mit der SPÖ kam, sei Martin erfolgreich gewesen.

"Ich bin der Sündenfall, ich bin ein Fernseh-Wastl", meinte Ursula Stenzel, ehemals Moderatorin der "Zeit im Bild 1" und danach für die ÖVP eine der bei Wahlen erfolgreichsten Quereinsteigerinnen. "Man hat ein Fernsehgesicht gebraucht, Bekanntheitsgrad. Quereinsteiger sind ein Zeichen der Schwäche der Politik, ein Zeichen der Politikverdrossenheit." Sie würden die Dinge nicht besser können, sondern einfach anders machen, glaubt die VP-Politikerin.

Von sechs gescheiterten Quereinsteigern waren fünf für die FPÖ aktiv

Nach durchschnittlich 4,3 Jahren würden Quereinsteiger wieder aus der Politik aussteigen, von sechs gescheiterten Quereinsteigern waren fünf für die FPÖ aktiv, warf Buchautor Wolf in die Diskussion ein.

"Quereinsteiger in der Politik sind eine Befruchtung, weil sie vieles anders sehen", sagte dazu Theresia Zierler, ehemalige FPÖ-Generalsekretärin und davor Moderatorin der ORF-Sendung "Willkommen Österreich". Versagende Quereinsteiger habe es in allen Parteien gegeben. Dass der Olympia-Abfahrtssieger Patrick Ortlieb in seiner Zeit als FPÖ-Nationalratsabgeordneter "kein großer Redner" gewesen sei, wäre kein Geheimnis, so Zierler.

Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen gab zu bedenken, dass Prominenz allein für eine Politiker-Karriere nicht ausreiche. "Das ist ein Handwerk, das man erst lernen muss", so Van der Bellen. Scheitern bei Quereinsteigern sei oft mit einer gewissen Naivität verbunden.

SPÖ fordert Russwurm auf, sich zu deklarieren

"Der prominente Quereinsteiger ist ein Pseudopolitiker, der nur geholt wird, damit die Medien groß berichten", so der ORF-Journalist Armin Wolf Mittwochabend bei der Präsentation seines Buches "Promi-Politik - Prominente Quereinsteiger im Porträt". Etliche Quereinsteiger werden auch für die kommenden Nationalratswahl im Herbst erwartet. Kolportiert wurden zuletzt etwa die ORF-Talkerin Vera Russwurm als mögliche ÖVP-Kandidatin und potenzielle Gesundheitsminister sowie der langjährige Schönbrunner Tiergarten-Direktor Helmut Pechlaner, ebenfalls für die ÖVP im Gespräch.

"Russwurm ist eine hervorragende Journalistin. Warum soll so ein Mensch nicht politische Botschaften vertreten können", meinte dazu die ÖVP-Politikerin und Quereinsteigerin Ursula Stenzel. Und bei Pechlaner handle es sich um einen "ausgezeichneten Experten". Ein Zoodirektor in der Politik, das würde schon passen. "Die Welt ist ein Tiergarten, besonders die politische", so Stenzel. Letztlich wisse sie aber nicht, was in der Volkspartei geplant sei. "Ich bin nicht informiert. Wie sie wissen, ist der Kanzler ein großer Schweiger. Wir werden das im Herbst sehen."

SP-Kommunkationschef Josef Kalina wollte zu möglichen SPÖ-Quereinsteigern indes nichts sagen. Das sei Sache des Parteivorsitzenden. Vera Russwurm würde er als ÖVP-Politikerin einiges zutrauen. "Sie würde das auch gut machen." Russwurm sollte sich jedoch deklarieren und ihre ORF-Tätigkeit einstellen, der ORF müsse von Russwurm Aufklärung verlangen und prüfen, ob man die Sendung "Primavera" nicht einstellt.

Definitiv keine Quereinsteiger wird es bei den Grünen geben. "Die Liste steht. Wir haben selbst Prominente. Die prominentesten sind Eva Glawischnig, Peter Pilz und ich. Das reicht für diese Wahl", sagte Alexander Van der Bellen. (APA)