Berlin/Wien - Das deutsche Finanzministerium wirft österreichischen Banken vor, vor allem in Grenzregionen zu Deutschland mit "unlauteren Geschäftspraktiken" um Kunden zu werben. Die Institute des Nachbarlandes würden auf die seit April 2005 geltende Kontenabfrage in Deutschland verweisen und unter anderem behaupten, solche Kontrollen würden ohne konkreten Anlass "ins Blaue hinein" missbräuchlich vorgenommen, berichtete dpa am Mittwoch.

Diese Hinweise könnten als indirekte Aufforderung zur Steuerhinterziehung verstanden werden, kritisierte die deutsche Bundesregierung heute im Finanzausschusses des Bundestages.

"Hartz-Flüchtlinge" im Visier

Auch würden Empfänger von Arbeitslosengeld II zunehmend ihr so genanntes Schonvermögen, das vor dem Bezug von Sozialleistungen nicht aufgebraucht werden muss, bei österreichischen Banken anlegen. Die österreichischen Banken dürften keine Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Sozialhilfebetrug leisten.

Wie der deutsche Bundestags-Pressedienst weiter mitteilte, hat sich auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA gewandt. Die BaFin habe solche Werbepraktiken als unlauter angesehen. Die FMA lehnte diese - sie berichtet - ebenfalls ab und hat schon vor einiger Zeit die österreichischen Institute darauf hingewiesen, solche Praktiken zu unterlassen.

Seit vielen Monaten hatten deutsche Banken beklagt, dass die Österreicher sich allzu eifrig um ihre Kunden bemühten.

Aus Angst vor der in Deutschland intensivierten Kontenabfrage bringen viele Bayern weiterhin ihr Erspartes zu österreichischen Kreditinstituten. Die Dimension des Kapitalabflusses nach Österreich dürfte viel größer sein als die Deutschen momentan schätzen, da den Banken nur die Direktüberweisungen auf österreichische Konten bekannt würden.

Privatsphäre

Das Geld fließe nicht nach Österreich, weil dort höhere Zinsen gezahlt würden, sondern weil die deutschen Bankkunden ihre Privatsphäre dort besser geschützt sähen, hatten die Bayerischen Banken schon voriges Jahr argumentiert. Verlagert würden nicht große Summen an Schwarzgeld, sondern mühsam angespartes "weißes Geld", von "Durchschnittsverdienern", weil die Gesetzeslage in Deutschland der Vertrauen zu den Kreditinstituten untergrabe.

Allein im ersten Quartal 2005, vor der Verschärfung der Kontenabfragemöglichkeiten zum 1. April des Vorjahres, sollen insgesamt 153 Mrd. Euro aus Deutschland abgeflossen sein, ein Teil des Geldes in die Schweiz und nach Österreich. Zuletzt hatte der "Spiegel" berichte, dass vermehrt auch "Hartz"-Flüchtlinge auf Angebote heimischer Banken spitzten. Offizielle Daten aus Österreich gibt es dazu nicht. (APA)