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Haditha, 220 Kilometer nordwestlich von Bagdad, am 14. Dezember 2005: Ein US-Soldat schreibt eine Identifizierungsnummer auf die Stirn eines Festgenommenen.

foto: ap/JACOB SILBERBERG
Washington - Der neue irakische Botschafter in den USA, Samir al-Sumaidaie, hat nur Stunden nach der feierlichen Überreichung seines Beglaubigungsschreibens an US-Präsident George W. Bush schwere Vorwürfe gegen die US-Besatzungstruppen erhoben. Es gebe viele Hinweise darauf, dass US-Soldaten wehrlose Zivilisten "absichtlich getötet haben", sagte der Diplomat am Dienstag in einem Interview des Fernsehsendes CNN. Auch sein Cousin, ein Student, sei im Sommer 2005 bei einer Hausdurchsuchung in der Stadt Haditha grundlos erschossen worden.

Haditha

Schon lange seien ihm auch Berichte über das angebliche amerikanische Massaker an irakischen Zivilisten in Haditha am 19. November 2005 bekannt gewesen. Es habe allerdings "einen starken Druck unserer Freunde" gegeben, über diesen Vorfall nicht zu sprechen, sagte Sumaidaie. Er berichtete auch über den Tod von vier jungen Irakern, die unbewaffnet in einem Auto erschossen worden seien - dabei allerdings "ist es möglich gewesen", dass US-Soldaten sich bedroht gefühlt haben könnten. Insgesamt seien die Übergriffe und Willkürakte nicht typisch, aber sie schadeten dem Ansehen und der ehrenwerten Mission der US-Truppen immens.

Premier: "Wir werden nicht nur Antworten zu Haditha haben wollen"

Der irakische Premier Nuri al-Maliki hat sich ungehalten über Tötungen von Zivilisten durch US-Soldaten gezeigt. "Wir sind besorgt über die Zunahme an 'Fehlern'. Ich sage nicht, dass sie beabsichtigt sind. Aber sie sind Besorgnis erregend", sagte der vor kurzem ins Amt gekommene Maliki am Dienstag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

Er bezog sich unter anderem auf einen jüngst bekannt gewordenen Vorfall in der westlichen Stadt Haditha, wo US-Soldaten in einem Racheakt 24 unschuldige Zivilisten getötet haben sollen. Den USA zufolge könnten die Soldaten möglicherweise wegen Mordes vor Gericht gestellt werden. "Wir werden nicht nur Antworten zu Haditha haben wollen, sondern zu jedem Einsatz, in dem es auf Grund von Fehlern zu Tötungen kam. Die Verantwortlichen werden wir dingfest machen", sagte der Ministerpräsident.

Milizen auflösen

Maliki hat einen Zeitrahmen von 18 Monaten ins Gespräch gebracht, in dem die Iraker die vollständige Kontrolle über die Lage im Land erlangen und damit eine Grundlage für den Abzug ausländischer Truppen bilden sollen. Er tritt dafür ein, die Milizen aufzulösen. Auch sein Kabinett will er mit starker Hand führen. Die Streitigkeiten innerhalb der Regierung verhinderten etwa zunächst die Besetzung des Verteidigungs- und des Innenministeriums.

Er werde die Posten notfalls mit eigenen Wunschkandidaten besetzen, wenn sich die Koalition nicht einigen könne. Das Parlament tritt am Sonntag wieder zusammen. Die Koalition aus Schiiten, Sunniten, Kurden und säkularen Parteien habe nun eine letzte Frist, um sich auf Kandidaten zu einigen, sagte Maliki. (APA/dpa/Reuters)