Lausanne - Bessere Chancen für Patienten mit Multipler Sklerose und für Parkinson-Patienten: Beim europäischen Neurologenkongress (ENS) in Lausanne werden derzeit die neuesten Fortschritte präsentiert. Bei den Medikamenten gibt es vor allem Biotech-Medikamente, welche die Therapie wesentlich verbessern sollen.

"Die heute verfügbaren immunmodulierenden und immunsuppressiven Therapien bei Multipler Sklerose richten sich direkt gegen den Entzündungsprozess und sind leider nur teilweise wirksam. Wir brauchen daher einen besseren Einsatz bestehender Therapien und innovative, alternative Behandlungsansätze, um Betroffene vor der zunehmenden Behinderung durch die Krankheit wirksam zu schützen", betonte Professor Giancarlo Comi (Mailand) am Dienstag bei dem Kongress.

Über 400.000 Betroffene in Europa

Mehr als 400.000 Menschen leiden in Europa unter Multipler Sklerose (MS). Es handelt sich dabei um eine schwere, chronische Erkrankung von Gehirn und Rückenmark. Im weiteren Verlauf werden durch fehlgesteuerte Immunreaktionen Nerven und vor allem deren Isolationsschicht - die so genannten Markscheiden - zerstört. MS gilt als die häufigste neurologische Erkrankung, die im jungen Erwachsenenalter zu bleibender Behinderung und Invalidität führt.

In den vergangenen Jahren gelang mit der Einführung der Interferone und des Glatiramerazetats als immunmodulierend wirkenden Substanzen ein großer Fortschritt in der Therapie. Allerdings profitierte nur ein Teil der Patienten von diesen Behandlungsformen, der Effekt der antientzündlichen Therapien auf die Langzeitbehinderung war bescheiden. Ein früher Behandlungsbeginn und eine Ziel gerichtete Kombination von Medikamenten seien wichtige Strategien zur Optimierung der Therapie, so Comi.

Erkennbar beginnt die MS bei mehr als 80 Prozent der Patienten mit einem schubförmigen Verlauf. Unbehandelt kommt es bei rund 40 Prozent der Betroffenen nach zehn Jahren zu einer so genannten sekundären Progredienz, also einer schleichenden Zunahme klinischer Symptome auch ohne eindeutigen Schub. Ein wichtiger neuer Trend im Therapie-Management sei die zunehmende Befürwortung eines frühen Beginns der so genannten krankheits- oder immunmodulierenden Therapie, berichtete Prof. Comi: "Studien liefern uns Hinweise darauf, dass wir mit einer frühen Behandlung weitere Schübe zumindest verzögern, hoffentlich sogar vermeiden können.

Erfolge mit monoklonalen Antikörpern

Neben Beta-Interferon stehen jetzt auch monoklonale Antikörper mit einer spezifischen Wirkung gegen MS zur Verfügung. Der monoklonale Antikörper Natalizumab richtet sich gegen das alpha-4beta-1-Integrinmolekül an der Oberfläche von weißen Blutkörperchen. Wird es blockiert, wird der Einstrom der aggressiven Immunzellen in das Zentralnervensystem im Rahmen der MS gehemmt. "In Studien zeigte Natalizumab allein und in Kombination mit Interferon beta-1a eine hohe Wirksamkeit", berichtete der italienische Experte.

Es reduzierte das Risiko eines Fortschreitens der Behinderung um etwa 40 Prozent und die Schubhäufigkeit um 68 Prozent. Die Kombinationstherapie von Natalizumab und Intaferon beta 1-a führte zu einer 24-prozentigen Reduktion des relativen Risikos für eine anhaltende Progression der Behinderung im Vergleich zu Intaferon beta-1a allein.

Neue Therapiemöglichkeiten eröffnen sich auch bei der Parkinson-Erkrankung. Israelische Wissenschafter haben aus entnommenen Knochenmark-Stammzellen durch die Beigabe von Dopamin "neue" und Dopmanin-produzierende Nervenzellen zu produzieren. In Labormodellen an Tieren konnte damit eine Besserung der Symptome erzielt werden. (APA)