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Barbara Coudenhove-Kalergi mit einer Anspielung auf die Hundekot-Petition: "Ich würde mir wünschen, dass der ORF uns soviel wert ist wie ein Hundstrümmerl."

Foto: APA/Artinger
"Nicht hilfreich" findet Danielle Spera, dass die SPÖ nun auf ihrer Parteiseite im Internet für die an sich unabhängige Initiative www.sos-orf.at wirbt. Die Redakteurssprecherin der "ZiBs": "Das macht es Mitarbeitern des Hauses schwieriger, dort zu unterschreiben." www.sos-orf.at wirbt für einen vom Parteieinfluss unabhängigeren ORF.

Am Dienstag laden Spera und die übrigen Sprecher der "ZiB"-Journalisten die 110 Redakteure des Aktuellen Dienstes zur Versammlung. Nach Armin Wolfs öffentlichem Aufschrei und interner wie öffentlicher Kritik von Kollegen sowie von Korrespondenten und Landesstudios an TV-Chefredakteur Werner Mück planen nach STANDARD-Informationen für heute weitere wichtige Mitglieder der TV-Information Proteste. Mück wird zur Sitzung erwartet, er ist zu solchen Sitzungen stets geladen.

"Linksintellektuelle Suada"

Sonntag hatte sich Mück gegen Angriffe aus der TV-Information verwahrt. Überraschend schickte er einen "offenen Brief" als ORF-Aussendung in die Medienwelt. Mück: "Was ist dran an der Suada der linksintellektuellen Outing-Stars des ORF? Sie klagen über einen Chefredakteur, der gegen Kampagnenjournalismus auftritt, der Zeitungsmeldungen nicht ohne Re-Check auf Sendung gehen lässt, der die TV-Information nicht als Speerspitze der jeweiligen Oppositionsparteien sieht und der unter Unabhängigkeit der Journalisten mehr versteht als freie Fahrt für freie Bürger – für deren Verkehrsunfälle dann übrigens die Vorgesetzten die Verantwortung tragen mögen."

Mück zitierte Alfred Gusenbauer, der SPÖ-Chef wolle "alles tun", um ihn "aus dem ORF zu entfernen". Die SPÖ bestreitet das, überlegt den TV-Chefredakteur dafür zu klagen.

Der TV-Betriebsrat des ORF protestierte per Aussendung gegen Mücks Brief: Kritiker als "pragmatisierte Chefideologen" abzutun, sei "entlarvend": "Kritik wird nur als parteipolitisch motiviert punziert und damit denunziert."

Strukturreform

Der TV-Chefredakteur ist seines Aufstiegs im Unternehmen trotz der Aufregung gewiss. Seinen offenen Brief schloss er mit der Ankündigung: "Die Programmreform, die ich für unentbehrlich halte, wird unter der neuen Geschäftsführung auch eine Strukturreform zur Folge haben. Man muss kein Prophet sein, um das zu wissen." Aber es schreibt sich leichter, wenn man im kommenden September zum Informationsdirektor aufsteigt – oder gar im August zum Generaldirektor.

Monika Lindner kehrt Dienstag aus Los Angeles zurück. Sie will in einer erweiterten Managementkonferenz am 6. Juni zu den Debatten Stellung nehmen, am 8. dann im Publikumsrat des ORF.

Potenzieller Konkurrent Lindners

Ein potenzieller Konkurrent Lindners tauchte zuletzt im Umfeld von sos-orf.at auf: Peter Rabl, ehemaliger ORF-Mann und zuletzt Herausgeber des "Kurier", kursierte im Umfeld der Initiative als Kandidat für den ORF-General. Sprecher Peter Huemer am Montag: "Wir werden sicher keinen Kandidaten ins Rennen schicken." Ein späteres ORF-Volksbegehren schlossen Proponenten nicht aus. 800.000 Seitenaufrufe registrierte die Initiative in einer Woche, 62.000 Besuche. Mehr als 26.400 hatten ihre Forderungen bis Montagnachmittag unterzeichnet. Die langjährige ORF-Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi spielte Montag auf die Hundekot-Petition mit ihren fast 160.000 Unterstützern an: "Ich würde mir wünschen, dass der ORF uns soviel wert ist wie ein Hundstrümmerl."

Mück reagierte Montag auf Kritik: Die "ZiB" um 13 Uhr und ORF On berichteten erstmals über www.sos-orf.at, die "ZiB 2" brachte dann einen Bericht von mehr als zwei Minuten von der Pressekonferenz am Montag. (Harald Fidler und Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2006)