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Rudolf Illavsky möchte wissen, ob es stimmt, dass kürzlich ein Singspiel von Mozart entdeckt wurde, das er mit zwei Jahren geschrieben haben soll.
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Diese Frage ist ein schöner Beleg für die Absurditäten, die das Mozartjahr so mit sich bringt. Aber nachdem es heuer nicht nur eine "Mozart-Calgon-Edition 2006" gibt – das sind 45 Tabs zur Entkalkung Ihrer Waschmaschine –, sondern auch "Echtes (!) Salzburger Mozart Dessertjogurt", darf man auch obige Frage stellen. Ich werde versuchen, diese nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten: In der Tat hat man unlängst bei Renovierungsarbeiten in Mozarts Geburtshaus mehrere Quadratmeter Holzboden freigelegt, auf dem eine mit Kreide verfasste Partitur eines Ringelspiels (nicht Singspiels) mit dem Titel "Der Zauberschnuller" entdeckt wurde. Experten aus mehreren Ländern haben nach eingehenden Studien einwandfrei nachgewiesen, dass es sich dabei um ein Werk Mozarts handelt. Das Einzige, was die Mozartologen etwas irritierte, war die Jahreszahl 1755.

Mittlerweile haben aber Forscher herausgefunden, dass Mozart bereits im Mutterleib erste Kompositionen "strampeln" konnte, die sein Vater durch Handauflegen auf den Bauch seiner Frau in Noten umsetzte. Beim Ringelspiel "Der Zauberschnuller" geht es darum, dass Kindern, die allzu laut schreien, ein in Schnaps getauchter Schnuller in den Mund gesteckt wird, bis sie einschlafen. Um die Bühnenwirksamkeit zu erhöhen, tanzen die Eltern dazu einen Schuhplattler. Wenn das letzte Kind eingeschlafen ist, ist auch das Ringelspiel zu Ende.

Wie man hört, soll sich Österreichs namhaftester Mozart-Dirigent bereits die Uraufführungsrechte gesichert haben, und auch die Wiener Philharmoniker sollen nicht abgeneigt sein, dieses "bedeutende Werk eines Wunderembryos" mit gebührendem Pomp auf die Bühne zu bringen. Einzig die Direktion der Salzburger Festspiele erwägt rechtliche Schritte gegen dieses Vorhaben, weil sich in diesem Fall ja das Versprechen, heuer im Sommer "sämtliche (!) Bühnenwerke Mozarts" aufzuführen, als Etikettenschwindel erweisen würde. Wir aber lehnen uns gemütlich zurück und warten auf die nächste Überraschung. (ALBUM/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.5.2006)