So drastisch vorexerziert, wie man einen Deal klassisch vergeigt, haben es Politiker noch selten. Was sich in vierzehn Tagen bei der größten Energiefusion der Republik abgespielt hat, ist nicht nur Stoff für einen Film über eine Verirrung, sondern für ein Lehrbuch für angewandte Unvernunft.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Am originellsten ist die Schlussszene mit den für OMV und Verbundgesellschaft ressortzuständigen Ministern Karl-Heinz Grasser und Martin Bartenstein. Sie setzen sich hin und erklären, dass am ganzen Schlamassel einzig die Unternehmenschefs schuld sind, weil sie den Deal hundsmiserabel vorbereitet hätten.

Unabhängig davon, ob man die Fusion OMV/Verbund für gut befindet oder nicht: Miserabel war nur die Performance der Politiker, allen voran der Landespolitiker. Die schürten die völlig aus der Luft gegriffene Angst vor dem Ausverkauf des Wassers, um sich hernach zu Feuerlöschern und Rettern "des blauen Goldes" aufzuspielen.

Zu den Fakten: An dem überaus komplizierten Deal haben Heerscharen hoch bezahlter Mitarbeiter vier Monate lang beinahe rund um die Uhr getüftelt - und zwar nicht irgendwelche Unterläufel, sondern Kapazunder. Parallel dazu klapperten die Generaldirektoren und Lobbyisten Politiker aller Couleurs und Chargen ab, um die nicht unerheblichen politischen und legistischen Hürden aus dem Weg zu räumen.

Alles sehr professionell: Sonst wäre der Milliardendeal viel früher bekannt geworden - bevor last, but not least, auch die besonders kritischen Verbund-Aktionäre EVN, Wienenergie und Tiwag ins Vertrauen gezogen werden mussten.

Kapitale Fehler bei den Eigentümern

Die kapitalen Fehler, und das ist wirklich bitter, wurden danach gemacht. Just dort, wo sie am verheerendsten sind: bei den Eigentümern. Vierzehn Tage hat es zum Beispiel gedauert, bis Finanzminister Karl-Heinz Grasser als OMV-Eigentümervertreter die Chefs von OMV und Verbund zu sich bat, um sich die Fusion ihrer Energiekonzerne erklären zu lassen. Zwei lange Wochen, in denen der seidene Faden, an dem die Energieehe hing, immer länger (und dünner) wurde. Und in denen es der sonst nie mundfaule Finanzminister - er hätte bei dem Deal vier Milliarden Euro lukriert - nicht der Mühe wert fand, sich in die Niederungen "seiner" Unternehmen zu begeben. Dort hätte er sich aus erster Hand Informationen beschaffen können, über die er eigentlich längst verfügen hätte müssen.

In der Privatwirtschaft wäre ein derart kapitalfeindliches Verhalten schwerlich möglich. Schon gar nicht bei einem Deal, bei dem schlanke 24 Milliarden Euro bewegt werden, um einen Energiekonzern zu schmieden, der jedenfalls eines bewirkt hätte: Österreichs Energiewirtschaft aufzumischen.

Aber weil es eben nicht um einen privaten Konzern ging, sondern "nur" um zwei teilweise im Besitz der Steuerzahler befindliche, glaubte der Säckelwart der Republik offenbar, es mit der Sorgfalt nicht so genau nehmen zu müssen. Das ist nur insofern originell, als Grasser sonst ungenierter vorgeht, etwa wenn es um die Ablöse unangenehmer Vorstandschefs geht oder freche Aufsichtsräte.

Ende mit Kurzschluss

Der Schaden bleibt nicht nur den börsennotierten Unternehmen sondern auch den privaten Miteigentümern von OMV und Verbund und mit ihnen dem heiligen Finanzplatz Wien. Ihre Interessen werden von Grasser - und seiner ferngesteuerten Verstaatlichtenholding ÖIAG - seit Jahren mit Füßen getreten.

Jüngstes Beispiel: Die Telekom-Hauptversammlung, in der der ehemalige Europa-Chef des Elektronikkonzerns Sony zwangsweise durch einen Möbelhändler ersetzt wurde. Auf dass Grassers ÖIAG-Mannen gemütlich sitzen mögen.

So gesehen war es nur logisch, dass der OMV/Verbund-Deal platzen musste. Unernste Vorbereitung seitens der Eigentümer gepaart mit dem Machtstreben der Landesfürsten - das kann nur mit einem Kurzschluss in der E-Wirtschaft enden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5.2006)