Der Andrang war größer denn je, und für die rund 700 OMV-Aktionäre, die sich am Mittwoch zur Hauptversammlung im Austria Center versammelten, gab es fast nur ein Thema - die am Vorabend von den Ministern Martin Bartenstein und Karl-Heinz Grasser aufgegebene Fusion von OMV und Verbund.

"Das Scheitern der Fusion ist eher Glück als Unglück", posaunte ein Teilnehmer in Richtung Podium, auf dem Aufsichtsratspräsident Rainer Wieltsch in Vertretung des Hauptaktionärs ÖIAG (31,5 Prozent), OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer und die Vorstände David Davis (Finanzen), Gerhard Roiss (Raffinerie und Marketing) sowie Helmut Langanger (Exploration und Produktion) Platz genommen hatten. Er sei Bankdirektor mit 40 Jahren Berufserfahrung und habe gelernt, dass nicht alles, was besonders groß ist, auch besonders gut sein müsse. Denn wäre dem so, müssten schleunigst auch AUA, ÖBB und Donauschifffahrt fusioniert werden. "Verkehrsträger sind ja alle drei", reagierte der Aktionär auf das Argument, dass OMV und Verbund beide in der Energiebranche ihr Geld verdienten.

Außer Spesen nichts gewesen

Ruttenstorfer hatte zuvor nochmals versucht, die Vorteile eines Zusammengehens aufzuzeigen. Die Zeit des billigen Öls sei vorbei, andere, alternative Energieträger würden wichtiger. Die OMV habe eine starke Stellung im "Wachstumsgürtel vom Baltikum über Rumänien bis in die Türkei" und wolle diese durch Forcierung des Gasgeschäfts weiter ausbauen. Hier treffe man sich mit den Interessen des Verbund, der beim Ausbau der Wasserkraft auf Grenzen stoße. OMV und Verbund würden sich ideal ergänzen und könnten die Wertschöpfung gemeinsam deutlich steigern.

"Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Merger zu schaffen." Die angefallenen Kosten der Fusion bezifferte Ruttenstorfer mit 800.000 Euro - Beratungsspesen, Anwaltskosten und Werbeschaltungen inklusive.

Ein Zusammengehen mit anderen Energieversorgern schloss der OMV-Chef aus: "Wir werden uns auch ohne Verbund in Richtung erneuerbare Energien und Strom bewegen, in organischen, aber kleinen Wachstumsschritten." Die versammelten Aktionäre goutierten das mit lang anhaltendem Applaus. Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger zeigte sich "erleichtert, dass das Projekt nicht zustande gekommen ist". Mit der Verbund-Übernahme hätte man sich "die nicht gelösten Spannungen und Probleme der E-Wirtschaft ins Haus geholt".

"Neofeudale Landesfürsten"

Das Eingehen auf die Bedingungen der Landeshauptleute einer 51-Prozent-Mehrheit der öffentlichen Hand an der OMV/Verbund AG hätte bedeutet, dass "neofeudale Landesfürsten mit ihren Schrebergärten Einfluss auf das Unternehmen gewonnen hätten - eine erschreckende Vorstellung", sagte Rasinger.

Ein anderer Redner meinte, man sollte sich beim 17,6-Prozent-Aktionär Ipic aus Abu Dhabi entschuldigen für das Theater, das sich seit Bekanntwerden der Fusionspläne vor zwei Wochen abgespielt hat: "Das ist ja beschämend."

Nach und nach verlagerte sich die Diskussion vom Hauptsaal in die Korridore, wo Spargelrisotto, Woknudeln und gebratener Lachs kredenzt wurden. Vorstand und Aufsichtsrat wurden entlastet, der Dividendenvorschlag von 90 Cent je Aktie angenommen. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5.2006)