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Die Schlacht um die Vierländer-Börse Euronext geht weiter. Angeblich denkt die Deutsche Börse über eine Aufstockung der Offerte nach.

Foto: AP/Jacques Brinon
Frankfurt - Die Deutsche Börse kämpft weiter um eine Fusion mit der Vierländerbörse Euronext und bietet ihr jetzt auch den Chefposten an. "Durch die Kombination von Deutscher Börse und Euronext würde die erste wirklich europaweite Börsenorganisation geschaffen, die einen globalen Führungsanspruch erheben kann", sagte Vorstandsvorsitzender Reto Francioni auf der Hauptversammlung vor rund 650 Aktionären in Frankfurt.

Euronext favorisiert Nyse

Das Euronext-Management hatte am Vortag dagegen das konkurrierende Übernahmeangebot der New York Stock Exchange (NYSE) als vorteilhafter für ihre Aktionäre bezeichnet.

Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz sagte, unter bestimmten Umständen könne Euronext-Chef Jean-François Theodore bis zum Jahr 2008 alleiniger Vorstandschef des neuen Unternehmens sein. Dies habe er der Euronext in einem Brief mitgeteilt. Bisher war dagegen eine gemeinsame Führung vorgesehen, die später an Francioni übergehen sollte.

Frankfurter mit Übernahme-Appetit

Sollte die Fusion nicht gelingen, werde die Deutsche Börse ihr Wachstum - gegebenenfalls auch mit anderen Zukäufen - trotzdem fortsetzen, sagte Viermetz. Speziell sprach er den Zusammenschluss mit deutschen Regionalbörsen an. Auch Vorstandschef Francioni sagte: "Uns stehen viele Optionen offen." Allerdings sei die Bildung einer europäischen Börsenstruktur eindeutig die beste Option.

Mögliche Aufstockung des Offerts

Zu der Frage eines Aktionärs, ob die Euronext mit ihrer Haltung nur den Preis hochschaukeln wolle, äußerte sich Francioni nicht direkt. "Wir passen da schon auf", ergänzte er allerdings. Es werde keine Fusion um jeden Preis geben. Nach einem Bericht des "Daily Telegraph" (Mittwoch) prüft die Deutsche Börse, ihr Angebot aufzustocken. Dazu würden verschiedene Finanzierungsoptionen untersucht. Die Euronext besteht aus den Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon. Zudem hat sie einen Terminmarkt-Ableger in London.

Die Deutsche Börse betonte zugleich, dass sie an ihrem integrierten Geschäftsmodell mit Aktienhandel und Abwicklung festhalten wolle. Dies sei in der Vergangenheit erfolgreich gewesen und biete Wachstum. Auch in anderen Ländern wie Italien oder Spanien seien Handel und Abwicklung unter einem Dach. Die EU-Kommission sieht darin eine Gefahr für den Wettbewerb. Auch einige Euronext-Aktionäre sind für eine Aufspaltung, damit bei einer Fusion die Deutsche Börse nicht auf Grund ihrer Größe dominiert.

Kritik an Hedgefonds

Auf harte Kritik stießen auf der Hauptversammlung die Hedgefonds, die im vergangenen Jahr die Übernahme der Londoner Börse LSE durch die Deutsche Börse verhindert hatten. Diese Fonds hätten erheblich zu der schwierigen heutigen Lage beigetragen, kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding, unter dem Beifall zahlreicher Aktionäre.

Bei der LSE ist inzwischen die US-Technologiebörse NASDAQ mit rund 25 Prozent eingestiegen. Die Deutsche Börse hat das zunächst für den Kauf der LSE vorgesehene Kapital inzwischen auf Druck der Eigentümer größtenteils durch Aktienrückkäufe ausgeschüttet. "Die Kriegskasse der Deutschen Börse ist von den Hedgefonds geplündert worden", sagte Nieding am Rande der Hauptversammlung.

Dreifache Dividende

Francioni betonte, Vorstand und Aufsichtsrat seien der Auffassung, "dass wir unser möglichstes unternommen haben, um das Management von Euronext von dem Potenzial eines Zusammenschlusses und der Qualität unseres Vorschlags zu überzeugen". Am Vortag hatte die Deutsche Börse angekündigt, sie wolle die neue Lage während der nächsten Tage zunächst analysieren. Die Aktionäre beschlossen eine verdreifachte Dividende von 2,10 Euro pro Aktie.

Das Angebot der Deutschen Börse sieht einen partnerschaftlichen Zusammenschluss mit der Euronext vor. Demnach würden die Aktionäre der Euronext zusammen 76,60 Euro in bar und Aktien des neuen Unternehmens für jeden Euronext-Anteilsschein erhalten. Der Preis kann sich allerdings je nach Entwicklung der Aktienkurse noch ändern. Die NYSE hat bisher 71 Euro pro Aktie in bar und eigenen Aktien geboten. Nach den Frankfurter Vorschlägen soll die Hauptverwaltung und das wichtige Termingeschäft in Frankfurt liegen, der juristische Sitz in Amsterdam. Paris würde zu einer Zentrale für den europäischen Aktienhandel ausgebaut. (APA/dpa)