Euronext favorisiert Nyse
Das Euronext-Management hatte am Vortag dagegen das konkurrierende Übernahmeangebot der New York Stock Exchange (NYSE) als vorteilhafter für ihre Aktionäre bezeichnet.
Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz sagte, unter bestimmten Umständen könne Euronext-Chef Jean-François Theodore bis zum Jahr 2008 alleiniger Vorstandschef des neuen Unternehmens sein. Dies habe er der Euronext in einem Brief mitgeteilt. Bisher war dagegen eine gemeinsame Führung vorgesehen, die später an Francioni übergehen sollte.
Frankfurter mit Übernahme-Appetit
Sollte die Fusion nicht gelingen, werde die Deutsche Börse ihr Wachstum - gegebenenfalls auch mit anderen Zukäufen - trotzdem fortsetzen, sagte Viermetz. Speziell sprach er den Zusammenschluss mit deutschen Regionalbörsen an. Auch Vorstandschef Francioni sagte: "Uns stehen viele Optionen offen." Allerdings sei die Bildung einer europäischen Börsenstruktur eindeutig die beste Option.
Mögliche Aufstockung des Offerts
Zu der Frage eines Aktionärs, ob die Euronext mit ihrer Haltung nur den Preis hochschaukeln wolle, äußerte sich Francioni nicht direkt. "Wir passen da schon auf", ergänzte er allerdings. Es werde keine Fusion um jeden Preis geben. Nach einem Bericht des "Daily Telegraph" (Mittwoch) prüft die Deutsche Börse, ihr Angebot aufzustocken. Dazu würden verschiedene Finanzierungsoptionen untersucht. Die Euronext besteht aus den Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon. Zudem hat sie einen Terminmarkt-Ableger in London.
Die Deutsche Börse betonte zugleich, dass sie an ihrem integrierten Geschäftsmodell mit Aktienhandel und Abwicklung festhalten wolle. Dies sei in der Vergangenheit erfolgreich gewesen und biete Wachstum. Auch in anderen Ländern wie Italien oder Spanien seien Handel und Abwicklung unter einem Dach. Die EU-Kommission sieht darin eine Gefahr für den Wettbewerb. Auch einige Euronext-Aktionäre sind für eine Aufspaltung, damit bei einer Fusion die Deutsche Börse nicht auf Grund ihrer Größe dominiert.
Kritik an Hedgefonds
Auf harte Kritik stießen auf der Hauptversammlung die Hedgefonds, die im vergangenen Jahr die Übernahme der Londoner Börse LSE durch die Deutsche Börse verhindert hatten. Diese Fonds hätten erheblich zu der schwierigen heutigen Lage beigetragen, kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding, unter dem Beifall zahlreicher Aktionäre.
Bei der LSE ist inzwischen die US-Technologiebörse NASDAQ mit rund 25 Prozent eingestiegen. Die Deutsche Börse hat das zunächst für den Kauf der LSE vorgesehene Kapital inzwischen auf Druck der Eigentümer größtenteils durch Aktienrückkäufe ausgeschüttet. "Die Kriegskasse der Deutschen Börse ist von den Hedgefonds geplündert worden", sagte Nieding am Rande der Hauptversammlung.
Dreifache Dividende
Francioni betonte, Vorstand und Aufsichtsrat seien der Auffassung, "dass wir unser möglichstes unternommen haben, um das Management von Euronext von dem Potenzial eines Zusammenschlusses und der Qualität unseres Vorschlags zu überzeugen". Am Vortag hatte die Deutsche Börse angekündigt, sie wolle die neue Lage während der nächsten Tage zunächst analysieren. Die Aktionäre beschlossen eine verdreifachte Dividende von 2,10 Euro pro Aktie.