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Soldaten der australischen Eingreiftruppe versuchen eine aufgebrachte Menge, die ein Warenhaus plündern will, zu beruhigen.

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Jugendliche protestieren gegen die Entlassung von 600 streikenden Soldaten.

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Wellington/Sydney/Dili - Den nach Osttimor entsandten ausländischen Eingreiftruppen ist es am Montag teilweise gelungen, die Banden randalierender Jugendlicher in der Hauptstadt Dili zu entwaffnen, wie der australische Oberbefehlshaber, General Mick Slater, mitteilte. Nach seinen Angaben wurden rund 260 Schusswaffen und Granaten beschlagnahmt. Die Lage auf den Straßen von Dili normalisiere sich allmählich.

Die Situation in anderen Landesteilen war weiterhin unklar. Derzeit sind knapp 2300 Soldaten aus Australien, Neuseeland und Malaysia in dem ehemaligen portugiesischen Überseeterritorium stationiert, das über ein Vierteljahrhundert von Indonesien besetzt war und seit vier Jahren unabhängig ist. Der australische Verteidigungsminister Brendan Nelson forderte die osttimoresische Regierung am Montag auf, seinen Soldaten Polizeibefugnisse zu übertragen.

Die seit Tagen anhaltenden schweren Unruhen haben zu einer Massenflucht der Zivilbevölkerung in dem ehemaligen portugiesischen Überseeterritorium geführt, das über ein Vierteljahrhundert von Indonesien besetzt war und seit vier Jahren unabhängig ist. Jeder zehnte Bewohner - bis zu 100.000 Menschen - sei aus den Städten und Dörfern geflohen, schätzte die neuseeländische Regierungschefin Helen Clark am Montag unter Berufung auf Informationen von Diplomaten.

Sie kündigte die Entsendung von Truppen an, die die ausländischen Soldaten in Osttimor dabei unterstützen sollen, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Der australische Verteidigungsminister Brendan Nelson forderte die osttimoresische Regierung am Montag auf, seinen Soldaten Polizeibefugnisse zu übertragen.

Aufruf von Staatspräsident Gusmao an die Bevölkerung

Mit einem verzweifelten Aufruf hat sich Staatspräsident Xanana Gusmao an die Bevölkerung gewandt. "Bitte versöhnt euch, seid ruhig und helft anderen, ruhig zu sein", sagte der Unabhängigkeitsheld am Montag zu einer vor dem Präsidentenpalast in Dili versammelten Menge. Gusmao äußerte sich in einer Pause während der Krisensitzung, zu der er mit Ministerpräsident Mari Alkatiri zusammengekommen war. Hunderte Menschen forderten den Rücktritt des Regierungschefs. "Alkatiri ist ein Terrorist! Wir werden ihn töten! Es lebe Gusmao!", riefen die Demonstranten. Die Bevölkerung macht Alkatiri für das Chaos in der Hauptstadt verantwortlich.

Banden plündern und brandschatzen

In Osttimor war die Lage in den vergangenen Tagen eskaliert. Bewaffnete Banden zogen am Wochenende brandschatzend und plündernd durch die Hauptstadt Dili. Ausgelöst wurden die Unruhen durch die Entlassung von 600 streikenden Soldaten. Diese warfen der Regierung Diskriminierung vor. Wegen der Entlassungen gerät Ministerpräsident Mari Alkatiri zunehmend unter Druck. Am Montag wurden die Rufe nach seiner Abberufung lauter. Es wurde erwartet, dass sich Staatspräsident Xanana Gusmao und Außenminister Jose Ramos Horta bei einem für Montag angesetzten Krisentreffen ebenfalls für die Entlassung des Regierungschefs aussprechen wollten.

Osttimor (Timor Leste) ist mit 15.000 qkm kleiner als Niederösterreich und war von 1520 bis 1975 portugiesisch. Nach der Ausrufung der Unabhängigkeit durch die Befreiungsbewegung "Fretilin" marschierten indonesische Truppen ein. Die Besatzungsarmee machte sich schwerster Menschenrechtsverstöße schuldig. Erst nach dem Zusammenbruch der Suharto-Diktatur einigten sich Indonesien und Portugal unter UNO-Vermittlung auf ein Selbstbestimmungs-Referendum in Osttimor im August 1999, doch die Besatzungsarmee und von ihr gesteuerte Milizen überzogen daraufhin die Inselhälfte mit einer Welle der Gewalt.

Seit Mai 2002 unabhängig

Etwa 250.000 Menschen mussten fliehen, viele wurden von der Besatzungsmacht nach Westtimor vertrieben oder verschleppt. Eine multinationale Eingreiftruppe unter Führung Australiens setzte dem Morden ein Ende. Im Mai 2002 wurde Osttimor nach einer UNO-Übergangsverwaltung eine unabhängige Republik. (APA/dpa/Reuters)