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Foto: Archiv
STANDARD: Wie hat der technische Fortschritt in jüngster Zeit Ihre Arbeit verändert? Schindler: Bis vor zehn Jahren lagen viele Himmelsregionen nur in Form von Fotoplatten vor. Die waren 26 mal 26 Zentimeter groß. Wenn ich da etwas genauer ansehen wollte, musste ich in eine Institution pilgern, wo diese Platten - oder Kopien davon - gelagert waren. Dort hat man eine Sucherkarte gebastelt, um den richtigen Ausschnitt zu finden, dann erst konnte man das Objekt des Interesses durch ein kleines Mikroskop betrachten. Heute logge ich mich via Internet in die diversen Datenbanken ein und kann vom Schreibtisch aus stöbern.

STANDARD: Die alten Platten sind also völlig obsolet?

Schindler: Hier an der Universität Innsbruck haben wir sie immer noch, sie werden zum Beispiel in den Seminaren verwendet. Als Forscherin habe ich sie allerdings das letzte Mal Mitte der Neunzigerjahre in Händen gehalten. Die Digitalisierung hat unsere Arbeit wirklich revolutioniert. Ich kann mit meinen Fragen einen Computer beschäftigen. Da lassen sich jetzt völlig neue Fragen stellen - und natürlich auch beantworten.

STANDARD: Können Sie Beispiele nennen?

Schindler: Etwa Fragen, die die Verteilung von Materie im Universum betreffen. Es gibt Gebiete, in denen sich sehr viele Galaxien drängen, und andere, die dagegen völlig leer erscheinen, das hat fast die Struktur eines Schwammes. Wir versuchen zu errechnen, welche Anfangsbedingungen zu dieser Verteilung geführt haben, was sich also beim Urknall abgespielt haben mag.

STANDARD: Haben Sie eine Idee, wie sich Ihr Arbeitsfeld in der Zukunft weiterentwickeln könnte? Schindler: Derzeit wird an einem elektronischen Datenarchiv gearbeitet, das Aufnahmen von allen großen Teleskopen und Satelliten vereinigt. Da werden wir unterschiedliche Darstellungen von ein und der selben Himmelsregion direkt vergleichen können - und im Idealfall liegen zwischen den Bildern nur ganz wenige Mausklicks. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25. 5. 2006)