Foto: Matthias Cremer

Besonders im Frühjahr, wo frau sich mit gerötetem Gesicht in den plötzlich geschrumpften Minirock vom letzten Jahr zwängt oder mann den magisch kürzer gewordenen Gürtel nicht mehr um den Bauch bringt, folgt unweigerlich der unumstößliche Eid nach gesünderem, kalorienärmeren Leben. Hier hakt geschicktes Marketing ein – und so sind Müsliriegel aus dem täglichen Leben gesundheitsbewusster Menschen kaum noch wegzudenken. Wie eine Studie von Robert Atkins (ja, der mit der Diät) zeigt, kauft bereits ein Drittel aller US-Amerikaner regelmäßig Müsliriegel.

In Europa dürfte die Rate der "Riegel-Junkies" ähnlich hoch liegen: Nach einer Studie des französischen Landwirtschaftsministeriums steigt der Müsliriegel-Konsum in Frankreich seit der Jahrtausendwende um rund sieben Prozent pro Jahr an. Und Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens AC Nielsen zufolge boomen die körnigen Knabberbarren besonders in Schwellenländern und Emerging Markets wie Ungarn und Polen.

Inzwischen produzieren viele Unternehmen aus dem Food-Bereich von Nestlé über Schwartau bis hin zu vielen kleineren Müslipressen ihren eigenen Riegel. Oder gleich mehrere unter verschiedenen Markennamen – Tendenz stark steigend, das Angebot nimmt monatlich zu. Doch nur wenige Produkte scheinen das zu erfüllen, was sie versprechen: Gesundheit. Insbesondere wenn mit dem Riegelgenuss Gewichtsschwund durch Kalorienreduktion erreicht werden soll, sind die Hoffnungen vergebens: Müsliriegel sind meist wahre Kalorienbomben und eignen sich bestenfalls für ausgepowerte Marathonläufer nach dem 23. Kilometer. Wer im Büro sitzend einen Riegel nach dem anderen verdrückt, hat dank des fast durchwegs hohen Fettgehaltes die Garantie, dass ihr/ sein Allerwertester bald Rock oder Hose sprengen wird.

Kein Wunder also, dass die Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen schon 2001 lapidar feststellte: "Müsliriegel sind meist nur eine Süßigkeit mit etwas Getreide und viel zu viel Zucker. Sie sind fast ausnahmslos sehr kalorienreich und fördern die Kariesentstehung." Die Anreicherung mit Multivitaminen sei, so die Verbraucher-Zentrale, reine Augenauswischerei. Müsliriegel sind, so folgern die deutschen Verbraucherschützer, "keine gesunde Zwischenmahlzeit".


>>>Die Kriterien

Die Kriterien

Nichtsdestoweniger hat sich ein unerschrockenes STANDARD-Testerteam aufgemacht, um eine Auswahl hier zu Lande angebotener Riegel unter die Lupe und auf die Zunge zu nehmen: Acht Tester, paritätisch zusammengesetzt aus Damen und Herren, bissen in acht umsatzstarke Müsliriegel. Zwei Testpersonen sind Vegetarier, zwei Sportler (Marathonlaufen und Radfahren), zwei Mütter, zwei "Normalos" und zwei Jugendliche. Bewertet wurden Geschmack, Konsistenz, Fettgehalt und Farbe der Riegel. Maximal zehn Punkte konnten erreicht werden. Allfällige gesundheitsfördernde Ingredienzien wie Korn oder Vitamine flossen in die Beurteilung mit ein.


Die Ergebnisse

Corny 5-Korn von Schwartau,
Billa, 250 g, 1,99 Euro

Der klare Testsieger. Schon die Verpackung in einer großen Box macht was her – "da haben sich die Product Manager des deutschen Konfitürenherstellers Schwartau was einfallen lassen", war der Tenor der Tester. Den Sportlern gefiel besonders die 5-Korn-Formel, den Damen die 108 Kalorien pro Riegel mit 4,3 Gramm Fett und den Jüngeren die Schokolade (die allerdings für den Großteil des Fettes verantwortlich ist). Positiv aufgefallen ist das sehr gute Preis-Leistungs-Verhältnis und der Geschmack der Körner, die vielen verschiedenen Getreidearten und der knackige Biss. 10 Punkte

Balisto lila von Masterfoods,
Penny, 120 g, 1,15 Euro

Die heftig beworbene Marke erreichte die Silbermedaille. Angenehm wurde der säuerliche Geschmack der Beeren empfunden, auch die keksartige Konsistenz stieß allgemein auf Zustimmung. Schmackhaft, aber weniger gesund ist der Schokoladeüberzug des Riegels. Und überhaupt, meinte eine Testerin, sei das ja eigentlich kein typischer Müsli-, sondern eher ein Schokoriegel. Moniert wurde auch der Fettgehalt von 5,5 Gramm pro Riegel, der gerade mal 20 Gramm wiegt – im Klartext: Das Ding besteht zu mehr als einem Viertel aus Fett. 8,5 Punkte
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Schneekoppe Fruchtschnitte,
Billa, 75 g, 1,39 Euro

Punktemäßig nur am dritten Platz, aber der klare Sieger der Sportler! Wenn es nur nach ihnen gegangen wäre, hätte die Fruchtschnitte eindeutig Gold bekommen. Gefallen hat der dünne Riegel, der oben und unten mit Oblaten kalorienarm beschichtet ist, auch den anderen Testpersonen durch seine Bissfestigkeit und die "stark beerige Note", die dann in einen "angenehm vollen" Geschmack überging. Dass durch die Oblaten die Finger nicht schmutzig wurden, erfreute die Mütter ebenso wie die Absenz jeglicher Schokolade. Besagte Oblaten führten auch dazu, dass ein unkundiger Tester versuchte, das "Papier" runterzukratzen, was bei den anderen Juroren zu wahren Lachstürmen führte. Also: Oblaten mitessen! "Der kommt ,gesund' noch am nächsten", meinte ein Tester – zu Recht: vier Gramm Fett pro 100 Gramm. 8,0 Punkte

Ruma 7 Früchte natur,
Penny, 80 g, 0,99 Euro

Der Sieger im Geldbörsel: günstig, ohne Schokolade (von den Youngsters natürlich negativ bewertet) und nur 63 Kalorien pro Riegel. Der Quader ist weich – "ein Softriegel", wie ein junger Tester erfreut feststellte -, aber relativ süß, was bei den Jüngeren gut ankam. Allseits positiv vermerkt wurden auch fehlende künstliche Farbstoffe des gelblichen Müsliriegels: "Das sieht natürlich aus." Die Damen waren von den zehn Prozent Fettgehalt – immerhin zwei Gramm pro 20 Gramm-Riegel – weniger angetan. 7,5 Punkte

Kornland Banane von Bahlsen,
Penny, 120 g, 1,19 Euro

Der Geschmack hält, was die Packung außen verspricht: "Das Ding schmeckt echt nach Banane", stellte eine Testerin überrascht fest. Ob dies ausschließlich auf die getrockneten Bananenstückchen im Riegel oder auf die Kunst der Chemie zurückzuführen war, konnte nicht eruiert werden. Jedenfalls erhielt der farblich ansprechende Kornland-Riegel genug Punkte für einen Platz im Mittelfeld; Abzüge gab es für den hohen Zuckergehalt und den fehlenden Korngeschmack. Müttern gefiel die Schokolade weniger, die brachte den Großteil von 97 Kalorien pro 20-Gramm-Riegel, der zu 4,48 Gramm aus Fett besteht. 6 Punkte

>>>>weitere Ergebnisse Herminator Power Riegel Apfel,
Billa, 3 x 20 g, 1,49 Euro

Ein Riegel, der auf Kraftwerk macht, geziert mit dem Konterfei und versehen mit dem Spitznamen von Hermann Maier – das muss doch gesund sein, oder? Oder. Das von der österreichischen Firma Fancy (der Hersteller war auf der Packung nicht angeführt) vertriebene Produkt brachte es nur auf den vorletzten Platz in unserer Wertung. Negativ wurde sowohl der hohe Kaloriengehalt, der offenbar "Power" vermitteln soll, als auch der starke, süße Geschmack vermerkt. "Das macht sehr durstig, das kann ich beim Laufen nicht haben", kritisierte der "Marathon-Man" im Testteam. Positiv fiel den Juroren auf, dass sich weder Schokolade noch Milchcreme im Riegel fanden, negativ der hohe Fettgehalt mit 16 pro 100 Gramm. 5,0 Punkte
Knusperone Haselnussriegel
Hofer, 200 g, 1,29 Euro

Auch das günstige Produkt, hergestellt von Nappo-Dr. Helle & Co., konnte nicht recht überzeugen – und rangiert im STANDARD-Testurteil ex aequo mit dem Herminator. "Der schmeckt aber nicht nach Haselnuss" und "Wo sind die Nüsse?" beanstandeten die enttäuschten Juroren. Vielen war er zu süß und zu klebrig, was offenbar auch auf den Glukoseüberzug zurückzuführen war. Wenig Fruchtanteil brachte Punkteabzug, ebenso die 421 Kalorien pro 100 Gramm, davon 16 Gramm reines Fett. Da konnte auch der knusprige Biss vor einer schwachen Wertung nicht schützen. 5,0 Punkte

Sweet Gold Waldbeer,
Penny, 138 g, 1,09 Euro

Der Sweet Gold Riegel, vertrieben von Mondo, konnte den Testern nur wenig positive Bemerkungen entlocken. Denn hier stimmte einfach nichts: Der Kaloriengehalt war zu hoch (436 pro 100 Gramm – das ist der zweithöchste Kaloriengehalt aller getesteten Riegel, davon 16 Gramm Fett), die weiße Schokolade, die offenbar Milchgeschmack suggerieren sollte und das Prädikat "grauslich" bekam, und die Süße, die als allzu intensiv empfunden wurde. Fazit: letzter Platz mit 2,5 Punkten (Der Standard, Printausgabe, 20./21.5.2006)