Experten formulierten deutlsiche Kritik an der EU-Richlinie zur Datenspeicherung.

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Vor kurzem ist die umstrittene EU-Richlinie zur Datenspeicherung in Kraft getreten (Der WebStandard berichtete ), die mitunter auf erhebliche Kritik gestoßen ist. Von "noch gar nicht abzuschätzenden Mehraufwand ohne Nutzen für unsere Kunden" spricht tele2UTA Chef im WebStandard Interview und auch Oskar Obereder von Silver Server gibt sich gegenüber dem WebStandard skeptisch: "Der Staat will die Notwendigkeit und Verpflichtung, den Terrorismus zu bekämpfen, von den Telekombetreibern mitfinanzieren lassen".

Mit der Data-Retention-Richtlinie der EU beschäftigte nun auch eine Expertenrunde aus Juristen und Informatikern. Der Initiator des Gesprächs und Leiter des europäischen zentrums für e-commerce und internetrecht, Univ.-Prof. Wolfgang Zankl forderte dabei: "Die EU-muss in Österreich so restriktiv wie möglich umgesetzt werden. Die Rechte der Bürger und der zur Speicherung verpflichteten Unternehmen sind zu schonen!".

Kommunikationsprofil

Als „falschen Weg“ und „grundrechtswidrig“ bezeichnete Rechtsanwalt Michael Wolner (Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte) die mit Anfang Mai in Kraft getretene Pflicht zur Datenspreicherung: Spätestens mit 15. September 2007 sind unter anderem Telekommunikations- und Internetanbieter verpflichtet, sämtliche Verbindungs- und Standortdaten zu speichern, also ein komplettes Kommunikationsprofil zu erstellen – vordergründig zu Zwecken der Terrorismusbekämpfung. Wie und wann die Richtlinie in Österreich umgesetzt wird, liegt allerdings am österreichischen Gesetzgeber.

Begehrlichkeiten der USA

Noch vor der Umsetzung auf nationaler Ebene könnte die Richtlinie allerdings für erheblichen Wirbel sorgen: Vor wenigen Tagen ist ein vertrauliches Papier („limite“)aus EU-Kreisen aufgetaucht, dass die Begehrlichkeiten der USA, auf die EU-Daten zuzugreifen, kaum verhüllt. Dort heißt es: „Die US-Seite deutet an, dass sie erwägt, auf die Mitgliedsstaaten zu zukommen, um sicherzustellen, dass die Daten, die auf Basis der kürzlich erlassenen Richtlinie zur Datenvorratsspeicherung gesammelt werden, für sie zugänglich sind“ (im Originalton: „US side indicated that it was considering approaching each Member State to ensure that the data collected on the basis of the recently adopted Directive on data retention be accessible to them.“)

Problematisch

„Die Data-Retention-Richtlinie ist überaus problematisch – sowohl aus juristischer Sicht, als auch aus der Sicht des einfachen Bürgers.“, fasste Wolner zusammen, was nicht nur viele in der IT-Branche denken, sondern was auch immer öfter aus Juristenkreisen zu hören ist. So sei der Zweck der Richtlinie zwar die Terrorismusbekämpfung gewesen, in der Richtlinie selbst ist die Verwendung von gespeicherten Daten über jedes einzelne Telefongespräch zur Strafverfolgung aber nur mehr an das Vorliegen einer „schweren Straftat“ gebunden. Was genau unter einer „schweren Straftat“ zu verstehen ist, kann vorerst noch nicht eruiert werden, hielt auch Michael Schausberger, Leiter der e-center-Studie zur Data-Retention, fest.

Letztlich wird nur der Normalbürger überwacht

„Es schaut danach aus, als ob diejenigen, um die es bei der Data-Retention eigentlich gehen soll, nämlich die Terroristen, ohnehin unter dem Radar durchfliegen, und letztlich nur der Normalbürger überwacht wird“, konstatiert im Zuge der Expertenrunde auch Lukas Feiler (e-center), seines Zeichens Jurist und Informatiker. Die technischen Umgehungsmöglichkeiten der Datenspeicherung seien mannigfaltig und auch für weniger versierte User leicht machbar – für den hochspezialisierten Terroristen dann wohl allemal.

Im Ergebnis waren sich die Teilnehmer der Veranstaltung einig, dass die EU-Vorratsdatenspeicherung sowohl aus technischer als auch aus juristischer Sicht nicht zu begrüßen ist. Um Schadensminimierung zu garantieren, sollte eine vernünftige Umsetzung – mit möglichst kurzen Speicherfristen und möglichst strengen Kontrollen - in Österreich gefunden werden. Dr. Singer, zuständiger Legist des BMVIT, und auch bei der Veranstaltung anwesend, gab in einem kurzen Statement den Teilnehmern hinsichtlich dieses Anliegens Grund zur Hoffnung. (red)