Groß war der Wirbel, als sich die Regierung im Jänner anschickte, die Hälfte der Post über die Börse zu verkaufen. Die stets kampfeslustige Postgewerkschaft konnte sich über die Teilprivatisierungspläne gar nicht genug aufregen. Der Börsengang eines Infrastrukturunternehmens sei eine einzige Fehlentscheidung, der Zeitpunkt sowieso zu früh, und überhaupt sollte die Post weiterhin allen Österreichern gehören und nicht einigen wenigen dividendengeilen Finanzinvestoren.

Drei Monate und ein großzügiges Mitarbeiterbeteiligungsmodell später sind die Kritiker mucksmäuschenstill. Kein Marsch durch die Innenstadt, um gegen den Ausverkauf der staatlichen gelben Aktien mobil zu machen. Im Gegenteil: Es ist nicht einmal mehr ein eingefrorener Posthornton zu hören.

Glaubwürdig ist diese Haltung nicht, wenn auch aus Sicht der Post-Bediensteten verständlich. Denn die Verstaatlichtenholding ÖIAG und mit ihr die Regierung haben den 27.000 Postlern schlicht die Schneid abgekauft - und zwar im wahrsten Sinn des Wortes: Wer um tausend Euro gelbe Aktien kauft, bekommt tausend Euro Prämie, wenn er das Papier ein paar Jährchen hält. Plüschtier statt Armmuskeln.

Zur Gewerkschaft passt der Kuschelkurs allerdings besonders gut. Sie ist immer dann für Börsengänge (oder duldet sie zumindest), wenn die Arbeiter billig zu Aktionären gemacht werden. Sonst sind die Fondsmanager, die die feilgebotenen Aktien kaufen Heuschrecken, die Arbeitsplätze vernichten. Wenn der gemeine Privatanleger und mit ihm die anderen 1,3 Millionen Gewerkschaftsmitglieder keine Aktien zum Sonderpreis bekommen, stört das die Postgewerkschafter nicht. So gesehen ist es eine Ironie des Schicksals, dass just die ungewisse Zukunft der Gewerkschaftsbank Bawag den Post-Börsengang trübt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.5.2006)