Brüssel - In Belgiens größtem Landesteil Flandern ist der Vlaams Belang (VB) die zweitstärkste politische Kraft. Jüngste Umfragen bestätigen frühere Wahlergebnisse zwischen 24 und 25 Prozent. In ihrer Hochburg Antwerpen kam die Partei bei der Kommunalwahl 1999 sogar mit 33 Prozent der Stimmen auf Platz eins. Die anderen Parteien haben sich dort zu einer großen Koalition zusammengeschlossen, um die flämischen Separatisten von der Macht fern zu halten. Seinen Aufstieg hat der Vlaams Belang mit Hassparolen gegen Ausländer erreicht.

Nach dem rassistisch motivierten Doppelmord an einem schwarzen Kindermädchen und einem zweijährigen Kind in Antwerpen fragt die flämische Zeitung "Het Volk" (Brüssel) nach der Verantwortung des Vlaams Belang für die Tat eines 18-Jährigen: "Der Vlaams Belang wehrt sich wie eine in die Enge getriebene Katze und wäscht seine Hände in Unschuld: Nie habe die Partei zu Gewalt gegen Ausländer aufgerufen, sang die Parteispitze gestern im Chor. Ist das tatsächlich so? Die Partei hat zumindest einen Nährboden geschaffen, in dem rassistische Keime leicht zu einem beängstigend wuchernden Unkraut heranwachsen konnten."

Separatisten

Der Vlaams Belang kämpft für einen eigenen flämischen Staat mit Brüssel als Hauptstadt. Der frankophonen Wallonie werfen die niederländisch sprechenden Separatisten vor, von der flämischen Wirtschaftskraft in Belgien über die Maßen zu profitieren. Vor allem ziehen die VB-Politiker in ihren Reden und Pamphleten immer wieder gegen Ausländer und Einwanderer zu Felde.

So sah der VB-Fraktionschef im belgischen Parlament, Gerolf Annemans, "eine historische Schwelle überschritten", als die in Algerien geborene Sozialistin Faouzia Hariche Anfang des Jahres den erkrankten Brüsseler Bürgermeister Freddy Thielemans vorübergehend in seinem Amt vertrat. "Ein islamistischer Bürgermeister", lautete die Überschrift von Annemans Web-Kolumne. Wahlwerbung der Partei titelte mit der Schlagzeile "Stoppt die Einwanderung" unter dem Bild eines brennenden Autos nach Unruhen in Frankreich.

"Gebt uns Waffen"

Nach der Ermordung eines 17-Jährigen, die zunächst fälschlich Nordafrikanern angelastet wurde, forderte Flanderns rechtsradikaler Vordenker Paul Belien, verheiratet mit einer VB-Abgeordneten: "Gebt uns Waffen. (...) Die Raubtiere haben Messer. Von klein auf haben sie beim jährlichen Opferfest gelernt, wie sie warmblütige Herdentiere abstechen. (...) Not kennt kein Gebot." Und VB-Vorstandsmitglied Philipp Dewinter erklärte: "Wir haben es satt, als einheimisches aufgeschrecktes Wild zu fungieren. Statt als Angsthasen durch das Leben zu gehen, sollten wir besser Förster werden."

Der Vlaams Belang ist aus dem Vlaams Blok hervorgegangen, nachdem dieser im November 2004 eine juristische Niederlage erlitten hatte. Ein Brüsseler Berufungsgericht hatte damals ein früheres Urteil bestätigt, wonach drei Organisationen der Partei offen Ausländer diskriminierten. Öffentliche Einrichtungen konnten dem Vlaams Blok auf der Grundlage dieses Urteils die Vermietung von Sälen verweigern, die Post durfte die Beförderung von Werbesendungen ablehnen. (APA/dpa)