St. Gallenkirch – „Ein besonders
wanderfreudiger Bursche“
ist für Bärenanwalt Jörg
Rauer jener Braunbär, der zurzeit
das Montafon durchstreift.
Der Bär kam wahrscheinlich
aus Tirol, wo er vor
einer Woche gesichtet wurde
und wollte am Donnerstag
nach erfolgreichen Beutezügen
in Montafoner Schafställen
über das Hochgebirge in
die Schweiz wandern, wurde
aber durch ein Schneebrett
wieder nach Vorarlberg zurückbefördert.
Donnerstagnacht
suchte er erneut einen
Bauernhof heim. Im Gegensatz
zu den ersten beiden Hofbesuchen
riss er keine Schafe,
sondern machte sich über Silo-
Grasballen her. Bären-Spezialist
Rauer befindet sich im
Montafon, um den seltenen
Gast zu beobachten.
"Dreister" Bär
Das Verhalten des Tieres ist
ungewöhnlich. Bären gelten
als sehr scheue Wildtiere und
meiden in der Regel Siedlungsräume.
Dieser Bär bricht
aber in Ställe ein, sucht Fressbares
in Schweinefutter-Fässern.
Rauer: „Bis jetzt hat er
gute Erfahrungen mit seiner
Dreistigkeit gemacht, wurde
immer wieder mit Erfolg,
sprich Futter, belohnt.“ Deshalb
will der WWF nun Erziehungsmaßnahmen
setzen.
Rauer bereitet eine Fangaktion
vor, um den Bären mit einem
Sender auszustatten: „Wir
können ihn dann überwachen
und durch Strafreize von
Siedlungen fern halten.“
Nützt die Bärenabwehr nichts,
muss das Tier erlegt werden.
Beim Bären handelt es sich
vermutlich um jenes Jungtier,
das im Vorsommer in Graubünden/
Schweiz auftauchte
und wenig Angst vor Menschen
zeigte. Rauer: „Er kam
nahe, hat die Menschen aber
ignoriert.“ JJ2, wie der Bär genannt
wird, dürfte das Verhalten
seiner Mutter abgeschaut
haben, die auch keine Scheu
vor Menschen hatte. (jub, DER STANDARD Printausgabe, 13./14.05.2006)