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Foto: DPA/Grimm
Zwei Mal im Jahr tagt der "Arbeitskreis Steuerschätzung" und was die Mitglieder jetzt zu verkünden haben, erfreut das Finanzministerium: Bis Ende 2009 wird der Staat rund 70,2 Milliarden mehr an Steuern einnehmen als noch bei der Herbstschätzung der Experten im November gedacht. Allein dieses Jahr fließen 8,1 Milliarden mehr in die leeren Staatskassen von Bund, Länder und Gemeinden. Das Plus für den Bund beträgt 3,9 Milliarden Euro, allerdings sind 2,4 Milliarden davon schon verplant.

Die Ursachen für die sprudelnden Steuerquellen: Einerseits die anziehende Konjunktur, die ein Plus bei Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer mit sich bringt - andererseits die "Steuermehreinnahmen", die die Regierung gerade für das Jahr 2007 beschlossen hat, also der Anstieg der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Diese größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik hat den Arbeitskreis dazu gebracht, zum ersten Mal in seiner fünfzigjährigen Geschichte von der üblichen Praxis abzuweichen: In ihre Berechnungen bezogen sie nicht allein schon vom Bundestag verabschiedete Gesetze ein, sondern eben auch schon eine 19-prozentige Mehrwertsteuer.

Opposition will Verzeicht auf Mehrwertsteuererhöhung

Die Opposition fordert von der schwarz-roten Regierung angesichts der unerwarteten Einnahmen umso eindringlicher, auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu verzichten. "Die Steuern müssen gesenkt werden, die Zahlen geben das her", sagt FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle und ist in diesem Fall mit den Grünen und der Linkspartei durchaus einer Meinung.

Doch Finanzminister Steinbrück lässt die Opposition mit ihrer Begehrlichkeit abblitzen. Das steuerliche Plus ergebe sich aus der anspringenden Konjunktur. Darauf könne man aber keine nachhaltige Haushaltssanierung betreiben. Steinbrück: "Die Annahme, dass mit dieser erfreulichen Entwicklung plötzlich eine Entspannung des Haushalts einsetzt, korrespondiert leider nicht mit den Fakten. Wir werden diese Mehrwertsteuererhöhung brauchen, um zu strukturellen Einnahmeverbesserungen zu kommen."

Merkel-Kritik an SPD

Nicht enden will auch die Kritik an der diese Woche vom Kabinett beschlossenen "Reichensteuer". Wenn Besserverdiener statt 45 Prozent Einkommensteuer zahlen müssen statt wie bisher 42, werde dies die Kapitalflucht ins Ausland begünstigen, sagt FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms. Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigt das Konsolidierungsprogramm mit Seitenhieb auf die SPD: "Wir müssen ziemlich schmerzhafte Entscheidungen treffen mit einem Koalitionspartner, der nicht sehr entscheidungsfreudig ist." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.6.2006)