Wien – Der Demokratisierungsbedarf bei den heimischen Gewerkschaften sei derzeit in aller Munde – "aber dort, wo's konkret wird, stoßen wir weiter auf verschlossene Türen", ärgert sich Wilfried Mayr, Listenführer der Unabhängigen Gewerkschafter (UG) an den heimischen Pflichtschulen. Rund zehn Prozent aller Personalvertreter an Volks-, Haupt-, Sonderschulen und polytechnischen Lehrgängen sind UG-nahe – doch in der zuständigen Sektion und in der gesamten Teilgewerkschaft Öffentlicher Dienst (GöD) wird den parteiunabhängigen, Grün gesprenkelten Kollegen hartnäckig – und seit zwanzig Jahren – der Status als Gewerkschaftsfraktion verweigert.

Das letzte diesbezügliche "Njet" erfolgte am Mittwoch beim Bundessektionstag der Pflichtschullehrergewerkschaft in Wien. Einig und einstimmig lehnten dort VP-nahe Christgewerkschafter (FCG) und SP-nahe sozialdemokratische Gewerkschafter (FSG) einen UG-Antrag ab, der die zentralen GöD-Gremien mit der Fraktionsfrage beschäftigt hätte. "Ihr nennt euch unabhängig, das gefällt den Wählern. Aber in Wahrheit seid ihr doch mit den Grünen verbandelt", warf da FSG-Fraktionschef Herbert Modritzky den UG-Leuten vor. "Und außerdem entspricht der Antrag nicht dem GöD-Fraktionsstatut", beendete Sektionsvorsitzender Walter Riegler (FCG) die Diskussion.

Besagtes GöD-Fraktionsstatut steht in der Gewerkschaftsbewegung in seiner Schärfe allein da. Sowohl in der Dachorganisation ÖGB als auch in Teilgewerkschaften mit nennenswertem "Unabhängigen"-Anteil genießen die UG seit Jahren Fraktionsrechte und -förderung. Das eröffne den für Gewerkschaftsarbeit "notwendigen weltanschaulichen Spielraum", gibt der Leiter der zuständigen ÖGB- Referats, Helmut Tomasek, zu bedenken.

Anders sieht das Hermann Feiner, Sprecher von GöD-Vorsitzenden Fritz Neugebauer (FCG): Die UG sei nur in wenigen der 27 GöD- Teilsektionen – die Arbeitnehmer bei der Polizei bis hin zur Lehrerschaft repräsentieren – mit höherem Stimmenanteil vertreten; also wäre ihre Anerkennung "ein demokratiepolitisches Problem". Ein solches – wenn auch umgekehrt gewichtet – sieht auch Markus Koza, der für die UG im ÖGB-Bundesvorstand sitzt: "FCG und FSG wollen in den Personalvertretungen den schwarz-roten Proporz erhalten". Dabei führe dieser im Konfliktfall – Stichwort: Schuldirektorenbestellungen – immer wieder "zu Loyalitätskonflikten".

Neuer ÖGB-Finanzreferent

Laut Berichten der Zeitschrift Format soll der 42-jährige Ex-Banker Clemens Schneider Erich Foglar als neuer ÖGB-Finanzreferent folgen. Der ÖGB gab dazu keine Stellungnahme ab. Schneider, bisher Generalbevollmächtigter der Solidarität-Privatstiftung des ÖGB, kommt aus dem Bankenbereich. Er ist seit 2005 im Gewerkschaftsbund. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.5.2006)