Mumienbündel mit bemaltem Stoff

Wien - Forschung in Echtzeit: Wenn sich das Technische Museum Wien von Freitag, dem 12. Mai, bis Ende Juli dem "Geheimnis der Wolkenmenschen-Inka" widmet, handelt es sich dabei nicht um eine bloße Ausstellung. Parallel zur Schau über die präkolumbische Chachapoya-Kultur und die Methoden ihrer Erforschung läuft ebendieser Forschungsprozess weiter.

Foto: Yoshii Yutaka

Tongefäße in Form von Lama-Köpfen

Während der Ausstellungsdauer gewonnene neue Erkenntnisse aus diesem Prozess werden umgehend in die Schau einfließen sowie in Vorträgen präsentiert. Anthropologe Horst Seidler von der Universität Wien betonte bei einer Präsentation am Dienstag in Wien, diese Art der Wissensvermittlung sei auch für die Forscher experimentelles Neuland, so eine Art "Wissenschaft online".

Foto: Yoshii Yutaka

Grabtextilie

Erst 1996 wurde in den Nebelwäldern Perus eine Totenstadt der ausgestorbenen Chachapoya-Inka endeckt. Dieses Volk war um 900 aus dem Amazonasgebiet in den Norden Perus eingewandert und lebte dort bis ins 16. Jahrhundert. Wissenschafter vermuten, dass sie letztendlich durch eingeschleppte Krankheiten ausstarben. Die Kultur geriet in Vergessenheit und wurde erst durch die neuen Funde von der Wissenschaft wiederentdeckt.

Foto: Yoshii Yutaka

Dr. Sonia Guillen und Prof. Herwig Imhof (Medizinische Universität Wien) beim Scan einer Mumie

Die Erforschung zahlreicher Fundstücke, darunter 200 teilweise ausgezeichnet erhaltene Mumien, ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit modernsten medizintechnischen und forensischen Methoden, von Massenspektrometrie über C-14-Analyse bis zur Computertomografie versuchen Anthropologen, Chemiker, Physiker und Mediziner das Leben und Sterben der Chachapoya zu rekonstruieren.

Foto: Siemens

Chachapoya-Idol aus Holz

Anhand der Mumien will das Team um Seidler unter anderem klären, wovon sich die Menschen ernährten, an welchen Krankheiten sie litten und sogar, ob sie Kokain konsumierten. Bisher ist über die Chachapoya wenig bekannt, zumal es keine schriftlichen Aufzeichnungen der Kultur gibt. Den Namen "Wolkenmenschen" bekamen die Chachapoya durch ein regionales Mikroklima, das häufig für Nebel sorgte - heute aber durch die Abholzung von Wäldern in dieser Form kaum noch existiert.

Foto: Yoshii Yutaka

Quipus

In der Ausstellung werden unter anderem zwölf menschliche Mumien, zwei Tiermumien sowie Textilien und Alltagsgegenstände, darunter auch "Quipus", erstmals außerhalb Perus zu sehen sein. Quipus sind Knotenschnüre und dienten der nach unseren Begriffen schriftlosen Chachapoya-Kultur ebenso wie später den Inka als Speichermedien. Sie bestehen jeweils aus einem Hauptfaden, an den zahlreiche mit Knoten versehene Nebenfäden geknüpft sind. Die Position der Knoten bestimmt die Bedeutung.

Foto: Yoshii Yutaka

Gefäße aus Schilfrohr

Im Geiste des "science in progress"-Charakters der Ausstellung wird neben der Präsentation der jeweils neuesten Erkenntnisse der Wissenschafter auch ein Diskussionsforum eingerichtet, in dem mit den Forschern Kontakt aufgenommen werden kann. (red)

Foto: Yoshii Yutaka

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Foto: Technisches Museum Wien