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Wien - Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV bietet den Verbund-Aktionären bei der geplanten Übernahme des heimischen Stromkonzerns einen kräftigen Aufschlag auf den aktuellen Aktienkurs.

Pro Verbund-Aktie sollen 425 Euro geboten werden, 20 Prozent mehr als der durchschnittliche Kurs der letzten sechs Monate und 7,7 Prozent mehr als der Schlusskurs von Dienstag (394,50 Euro). Die Fusion soll im Verhältnis 60:40 erfolgen, gaben OMV und Verbundgesellschaft Mittwochfrüh in Ad-hoc-Mitteilungen bekannt. Aktionäre des Verbund könnten alternativ auch 6,5 neu auszugebende "OMV Verbund AG"-Aktien tauschen.

Die Realisierung der Mega-Lösung im Energiebereich soll gegen Ende 2006 realisiert sein, so die beiden Unternehmen. An Umsatz- und Kostensynergien werden mindestens 100 Mio. Euro p.a. erwartet.

Bei der Transaktion bringt die Republik Österreich ihren 51-Prozent-Anteil am Verbund via ÖIAG in die OMV AG gegen Ausgaben von jungen OMV-Aktien im Verhältnis von 1 : 6,4893 bzw. gegen Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung ein. Dies erfolge durch eine Kapitalerhöhung durch Sacheinlage unter Ausschluss der Bezugsrechte.

Große Chancen auf europäischen Energiemärkten"

Ziel von OMV und Verbund ist die Fusion als gleichberechtigte Partner im Verhältnis ihrer Marktkapitalisierung 60:40, wie es Mittwochfrüh in Mitteilungen der beiden Unternehmen hieß. Damit entstehe ein führender integrierter Energiekonzern mit Wachstumspotenzial in Mitteleuropa. Um 10.30 Uhr werden OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer und Verbund-General Hans Haider ihre Pläne in einer Pressekonferenz erläutern.

Mit einem ausgewogenen Portfolio aus Erdöl, Erdgas und Strom werde der neue Konzern über ein diversifiziertes Risikoprofil und eine starke Grundlage für ein verbessertes und nachhaltiges Wachstum auf seinem Weg in die Zukunft verfügen. "OMV Verbund AG" werde gut aufgestellt sein, um die Chancen wahrzunehmen, die eine fortschreitende Integration und Liberalisierung der europäischen Energiemärkte bieten.

OMV Verbund AG

Außerdem werde die Kombination der verschiedenen Geschäftsbereiche die Position der OMV Verbund AG als konsolidierende Kraft in den europäischen Wachstumsgebieten festigen, heißt es weiter. Nach erfolgter Transaktion zur "OMV Verbund AG" werde der neue Energiekonzern eine kontrollierende Mehrheit an der Verbund AG halten.

Die Realisierung dieser neuen Energielösung sei - vorbehaltlich im Wesentlichen der Zustimmung des österreichischen Parlaments (derzeit schreibt das Zweite Verstaatlichtengesetz eine 51-Prozent-Mehrheit beim Verbund vor, Anm.), der OMV-Hauptversammlung (anberaumt für Mittwoch, 24. Mai) und der zuständigen Wettbewerbsbehörden - gegen Ende 2006 zu erwarten. Zudem ist wie berichtet auch noch die europäische Wettbewerbsbehörde - die EU-Kommission - am Wort.

Siebenköpfiger Vorstand im neuen Energieriesen

Die neue "OMV Verbund AG" soll von einem siebenköpfigen Vorstands-Team geleitet werden, bestehenden aus den bisherigen Vorständen der beiden Unternehmen, die dann im Prinzip auch weiterhin für ihre Geschäfte zuständig sein sollen, hieß es Mittwochfrüh weiter. An der Spitze sollen zwei Vorstandsvorsitzende (Co CEO's) stehen. Diese Struktur gewährleiste die Gestaltung der künftigen Geschäfte des Riesenkonzerns am besten.

Die neue Eigentümerstruktur an OMV Verbund AG biete weiterhin den Vorteil einer stabilen Kernaktionärstruktur durch die unveränderte Syndizierung der Staatsholding ÖIAG mit dem OMV-Kernaktionär IPIC aus Abu Dhabi, die in Zukunft gemeinsam etwa 45 Prozent an OMV Verbund AG halten würden. "Die Unternehmen beabsichtigen laut Bekanntgabe, in einem weiteren Schritt im Jahr 2007 Verbund mit OMV Verbund AG zu verschmelzen", heißt es.

Seitens der OMV werde zur Genehmigung eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen werden, hieß es in einer ausführlichen Aussendung überdies. Gemessen an der Höhe des in Aussicht gestellten Barangebots für die Verbund-Aktionäre von 425 Euro pro Aktie wird der Stromkonzern mit 13,045 Mrd. Euro bewertet. Am Dienstag betrug die Marktkapitalisierung bei Börseschluss 12,112 Mrd. Euro beim Verbund und 15 Mrd. Euro bei der OMV.

Zusammengehen als Großer Erfolg

OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer bezeichnete die Einigung zum Zusammengehen als "großen Erfolg". Angesichts der sich gut ergänzenden Geschäftsfelder sei dies eine zukunftsweisende Lösung. Die profitablen Geschäfte der beiden Unternehmen würden auf ein starkes gemeinsames Fundament gestellt und einen integrierten Energiekonzern mit höherer Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit bilden.

Auch Verbund-General Hans Haider sieht zahlreiche wesentliche Vorteile des gemeinsamen Vorhabens: "Die neue Energielösung mit ihrer Integration von Strom, Öl und Gas bringt auch größtmögliche Versorgungssicherheit für die Kunden." Sie sei ein entscheidender Beitrag für eine nachhaltige Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Insbesondere auch deshalb, weil Energie zu den entscheidenden Entwicklungsfaktoren der Zukunft gehöre.

Ideale Ergänzung

Die Stärken von OMV und Verbund ergänzen einander aus Sicht der beiden Unternehmen "ideal": Die OMV als führender Öl- und Gaskonzern sichere mit ihrem Raffinerie-, Tankstellen- und Großkundengeschäft die Versorgung von rund 100 Mio. Menschen und profitiere von einer nahezu weltweiten Öl- und Gasförderung. Darüber hinaus habe die OMV eine starke Position in einem weiteren Geschäft mit erheblichem Zukunftspotenzial: Beim Gastransit, Speicher und mit ihrer 50-Prozent-Tochter EconGas sowie ihren rumänischen Aktivitäten im Gasverkauf.

Der Verbund ist größter Stromproduzent und Transporteur Österreichs und betreibt das überregionale österreichische Hochspannungsnetz mit wichtigen Auslandsanbindungen. Er sei auch der umweltfreundlichste Großstromerzeuger in der EU: Mehr als 80 Prozent seiner Stromproduktion stammen aus den 107 Wasserkraftwerken des Verbund. Auf europäischer Ebene sei der Verbund höchst erfolgreich im Stromhandel tätig und erwirtschafte damit rund 60 Prozent seiner Umsätze. (APA)