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"Amalie Zuckerkandl" (1917/18)

Foto: APA/Oesterreichische Galerie Belvedere
Wien - Das unvollendete Bildnis der Amalie Zuckerkandl von Gustav Klimt, das die Kunsthändlerin Vita Künstler 1988 der Österreichischen Galerie gestiftet hat, muss nicht restituiert werden. Zu dieser Entscheidung gelangte am Sonntag das dreiköpfige Schiedsgericht, das zuvor, im Jänner dieses Jahres, die bereits erfolgte Rückgabe von fünf Klimt-Gemälden an die Erben nach Ferdinand Bloch-Bauer empfohlen hatte.

Die Schiedsrichter Andreas Nödl, Walter H. Rechberger und Peter Rummel (Vorsitz) gelangen in ihrem 19-seitigen Spruch, der dem STANDARD vorliegt, zu der Erkenntnis, dass es zu keiner "Vermögensentziehung im Sinne des Nichtigkeitsgesetzes" gekommen sei. Das Gemälde bleibt daher im Oberen Belvedere.

Zwei Familien hatten Ansprüche geltend gemacht: einerseits die Erben nach Bloch-Bauer, da sich das Porträt im März 1938 in Besitz des Zuckerindustriellen befand. Und andererseits die Erben nach Amalie Zuckerkandl. Denn Ferdinand Bloch-Bauer habe aus dem Schweizer Exil dafür gesorgt, dass der Porträtierten, einer verarmten Freundin, das Gemälde zurückgegeben wurde. Dieser Sichtweise schloss sich das Schiedsgericht an: Das Bild sei auf "Veranlassung von Ferdinand Bloch-Bauer freiwillig, ohne Gegenleistung" herausgegeben worden.

Amalie Zuckerkandl wurde im April 1942 nach Izbica deportiert und vermutlich im Vernichtungslager Belzec ermordet. Deren Tochter Hermine Müller-Hofmann hatte 7000 Reichsmark für ein "Sippenzeugnis" zu bezahlen, das sich als wertlos herausstellte: Es wies sie als "halbjüdisch" aus. Da es keine finanziellen Reserven gab, verkaufte ihr Mann das Amalie-Porträt an Vita Künstler, die von Otto Kallir die Neue Galerie übernommen hatte, um 1600 Reichsmark. Das Gemälde hatte damals einen Versicherungswert von 10.000 Mark.

Das Schiedsgericht räumt zwar ein, dass die Familie Zuckerkandl/Müller-Hofmann "unstreitig zu den verfolgten Personen" gehörte; "auch der Zusammenhang der Veräußerung mit der nationalsozialistischen Machtübernahme steht fest". Dennoch: Der Verkauf sei an jemanden erfolgt, mit dem die Familie Müller-Hofmann "befreundet war".

Vita Künstler müsse den Ankauf eher "als Hilfe" in der Not denn als Mitwirkung bei der Beraubung durch die Nazis empfunden haben. Dies belege auch deren Verhalten nach dem Krieg: Vita Künstler bot Hermine Müller-Hofmann das Porträt zum Rückkauf an, doch diese war finanziell dazu nicht in der Lage. Der Verkauf könne dennoch nicht als "Entziehung" im Sinne des Nichtigkeitsgesetzes qualifiziert werden: Das Restitutionsbegehren wurde abgewiesen. (Thomas Trenkler /DER STANDARD, Printausgabe, 9.5.2006)