Wien - Die ÖVP hat im Zuge der Bawag-Affäre die Führung in der Wählergunst erlangt. Diese Einschätzung vertraten Vertreter von Meinungsforschungsinstituten in der ORF-Sendung "Offen gesagt". Rudolf Bretschneider vom VP-nahen Fessel-Institut sieht einen Rückstand von vier bis sechs Prozentpunkten aufgeholt und auch Imma Palme vom SP-nahen Ifes-Institut hat einen Vorteil für die Volkspartei ausgewertet.

ÖVP und SPÖ

Palme betont in diesem Zusammenhang jedoch, dass die ÖVP nicht aufgeholt, sondern die SPÖ verloren hat. Angewachsen sei das Lager der Unentschlossenen. Für die Wahl entscheidend ist aus ihrer Sicht, inwieweit es der SPÖ gelingt, wieder ihre Sachthemen in den Vordergrund zu rücken. Bretschneider sieht den Urnengang ebenfalls noch nicht als entschieden an. Die ÖVP habe jedoch seit Auffliegen der Bawag-Affäre tendenziell aufgeholt und verfüge derzeit über einen leichten Vorsprung.

Vranitzky: "Zirkushafte Vorstellung"

Als Wahlhelfer für seine SPÖ zeigte sich in der Sendung Alt- Kanzler Vranitzky, der in erster Linie die Inszenierung der Regierung bei der Bawag-Rettung kritisierte. So empfand er das Eröffnen von Sparbüchern bei der Gewerkschaftsbank durch die Regierungsspitze als "zirkushafte Vorstellung". Für den ÖGB hofft Vranitzky auf einen Reformprozess, der ein Mehr an Demokratisierung und auch eine bessere Repräsentanz anderer Fraktionen als der sozialdemokratischen bringen sollte.

Kugel und Mäuseloch

Hart ins Gericht mit den Verantwortlichen für die Bawag-Misere ging der frühere SPÖ-Ideologe Norbert Leser, der seit Jahren mit der Partei auf Kriegsfuß lebt. Er vermisst Schuldgefühle bei Ex- Generaldirektor Elsner und dem abgetretenen ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch. In früheren Zeiten hätten sich Verantwortliche für solche Miseren oft das Leben genommen, was er von dem Duo allerdings dann doch nicht verlangen wollte: "Wenn sie sich nicht die Kugel geben, sollten sie sich wenigstens in einem Mäuseloch verstecken." (APA)