Foto: STANDARD/Cremer
Wien - Die schwere Bawag-Krise und der Versuch, sie abzufangen, sorgt Anfang der neuen Woche für einen neuen Sitzungsmarathon: Diese Woche muss sich herausstellen, ob die Bawag die neue drohende Klagsflut aus den USA abwehren kann, ob der erhoffte Global-Vergleich mit den Amerikanern gelingt, ob der ÖGB und dessen Streikfonds das Rettungspaket des Bundes für die Gewerkschaftsbank "überleben" und ob die Großbanken und großen Versicherungen ihren eigenen Aktionären eine mehrere hundert Millionen schwere Kapitalspritze für die Refco-krisengeschüttelte Gewerkschaftsbank "verklickern" können.

Am Montag wurde im Nationalrat das dringend benötigte "Bawag-Sicherungsgesetz" beschlossen (siehe dazu Link "Mehr zum Thema"). Der Bund sagte der Bawag eine Garantie über 900 Mio. Euro zu, die die uralte bestehende Bundesgarantie für die alte Postsparkasse (aktuell noch über mehr als 5 Mrd. Euro) aufstockt.

Am Wochenende wurde noch an Passagen gefeilt, unter welchen Bedingungen die Bundeshaftung überhaupt schlagend würde. Das ganze Wochenende waren auch unter den Großbanken und Assekuranzen hektische telefonische Beratungen angesagt. Die mit den neuen US-Klagen drohenden Prozessrisken hätten die Sache nicht leichter gemacht, hieß es am Sonntag zur APA.

Schnelle Einigung

Nach Möglichkeit wollen sich die Großbanken und Versicherer am Montag auch auf ihren Part an der von der Regierung zugesagten Bawag-Rettung verständigen. Man peile zwar eine schnelle Einigung über die Darstellung der 450-Millionen-Geldspritze an, sagte ein Banker am Sonntag. "Wenn es aber morgen nicht geht, dann eben ein paar Tage später". Solche Brocken gebe es nicht über Nacht.

Die Banken und Versicherer wollen für ihr Geld vor allem Sicherheiten von Bawag und ÖGB - das liefe auf eine Beteiligung hinaus, die aber wieder den Gläubigerstatus "verschiebt", wie es heißt. Neben den Bank- und Versicherung-Bossen sind auch deren Anwälte sowie Kredit- und Beteiligungsexperten der Institute gefordert. Ist die Einigung da, muss das noch von den jeweiligen Aufsichtsräten gebilligt werden.

Nach einem Gipfel beim Bundeskanzler, zwei Runden bei der Notenbank und einem Verhandlungsabend im Finanzministerium - an denen es bis zum Wochenende keine Einigung über die technische Ausgestaltung gab - sind nun morgen wieder Verhandlungen des Finanz-Konsortiums angesetzt.

Neue Einvernahmen

Im Krimi um Bawag und ÖGB geht es diese Woche auch wieder um juristische Vergangenheitsbewältigung, mit neuen Einvernahmen vor der Kriminalpolizei. Laut Medieninformationen ist Ex-Bawag-Präsident und Ex-ÖGB-Finanzchef Günter Weninger morgen dran, Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch am Freitag.

Das "Settlement" in den USA soll nach Anwalts-Schätzungen im Laufe dieser Woche auf Schiene sein. Die Bawag äußerte sich am Wochenende dazu nicht. Es werde verhandelt.

Weitere Klagen

Am Freitag Abend wurden aus New York zwei weitere Klagen gegen die Bawag bekannt. Rechtliche Schritte eingeleitet haben einerseits geschädigte Refco-Aktionäre, andererseits Kunden der Refco-Tochter Refco Capital Marktes.

Der Chefanwalt der Refco-Aktionäre, John Coffey, schloss gegenüber der APA nicht aus, dass die Bawag für die Gesamtsumme der den Klägern entstandenen Verluste in die Pflicht genommen werde. Die Summe könnte sich "zwischen mehreren hundert Millionen Dollar und einer Milliarde Dollar" bewegen. Vorgeworfen wird der Bawag von den Klägern Wertpapierbetrug. Die Bank habe über ihre Beteiligung Refco-Chef Philip Bennett und damit auch Refco selbst kontrolliert, befand Coffey.

"Globalvergleich" wird angestrebt

Im Detail haben die Refco-Aktionäre damit eine schon laufende Klage gegen jene Investmentbanken, die Refco an die Börse gebracht haben, auf die österreichische Bank erweitert, bestätigte Bawag-Sprecher Thomas Heimhofer. Die Bank strebt unverändert einen "Globalvergleich" mit allen Klägern an, bei dem sämtliche Prozessrisiken aus den USA vom Tisch wären.

Am Samstag wurde via "profil" eine weitere Sammelklage bekannt. Der Gewerkschaftsbank wird hier unterstellt, gemeinsam mit Refco-Managern direkt an einem Schneeballsystem beteiligt gewesen zu sein, das dazu gedient habe, "Vermögenswerte zu stehlen, um Milliarden von Dollar geheimer Verluste zu verschleiern". Die Anwälte beziehen sich darauf, dass die Bawag über Beteiligungen und eine Stiftung bis zu 37 Prozent an Refco beteiligt gewesen sein könnte. Kläger sind in diesem Fall Personen, die zwischen 2000 und 2005 Depots bei der Refco-Tochter Refco Capital Markets besessen haben. (APA)