Das Video "New York, November 2002" zeigt Logars Versuche, mit der zuständigen Person für Fotogenehmigungen des New Yorker Stock Exchange in Kontakt zu treten. Die Security wimmelt in jedoch immer ab.

Videostill: © Ernst Logar

2005 in London: Logar fotografiert das Nachrichtenstudio der BBC. Die TV-Nachrichten sind "Orte", die wesentlichen Anteil an der Konstruktion unseres Weltbildes haben.

Foto: © Ernst Logar
Klagenfurt - Der Archivraum des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) hat für Ernst Logar eine besondere Bedeutung: Zum einen ist es Teil seiner Ende der Neunziger Jahre begonnen Foto-Serie 'Non Public Spaces', in der der Kärntner verborgene, der Öffentlichkeit nahezu unzugängliche Räume, zeigt. Orte, die nichts desto trotz von erheblichem öffentlichen Interesse sind: Politisch, wirtschaftlich, sozial.

Zum anderen verweist das Foto auf einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit - eine Beschäftigung mit ebenso Unzugänglichem und Verborgenem: Verdrängte Geschichtsbilder und im Speziellen die Rolle der Kärntner Slowenen zur Zeit des Nationalsozialismus. In Logars Ausstellung im Klagenfurter Kunstraum Lakeside nimmt das Foto des Wiener DÖW eine wichtige Position ein. Keinesfalls Zufall, sondern subtile Kritik an den gegenwärtigen Diskussionen in Österreichs südlichstem Bundesland.

Machträume

Die Serie "Non Public Spaces" bildet Orte ab, wo etwa bevölkerungsspezifische Daten zusammenlaufen, Exekutive ausgebildet, Informationen aufbereitet, staatliches Vermögen gelagert oder kulturelles Wissen gespeichert wird: Den zentralen Rechnerraum der Statistik Austria, den Schießkanal der Bundespolizei in Wien, das Nachrichtenstudio der BBC in London, den Tresor der Nationalbank oder das Kunstdepot des Pariser Centre Pompidou.

"Mich interessiert es, in diese Orte einzudringen und das Nichtsichtbare sichtbar zu machen", beschreibt er gegenüber derStandard.at. "Oft sind es Räume, denen eine gewisse Macht innewohnt: Welche Räume haben Einfluss auf unser Leben, auf unseren Alltag?"

Ausgeschlossen-Sein

'Non Public Spaces' erzählt die Geschichte von Machtapparaten und deren Institutionen. Ein Eindruck des Ausgeschlossen-Seins entsteht, der manchmal durch das große Format einiger Arbeiten, stets aber durch Statik und Menschenleere der Motive verstärkt wird.

Logars Fotografien gehen oftmals aufwändige bürokratische Genehmigungsverfahren voraus. Manche verlaufen erfolglos. Daher ist auch der Prozess der Annäherung, die Vorbereitungen des "Eindringens", Teil des Projekts geworden. Logar dokumentiert die Widerstände: Die schriftliche Korrespondenz ebenso wie die per Video aufgenommene Kontaktaufnahme mit Sicherheitskräften der New Yorker Börse.

Ur-Raum

Diese aufwändigen Korrespondenzen begleitete auch eine andere, sehr private, bisher vierteilige Arbeit Logars: "Den Blick hinrichten". Sie erzählt die Geschichte seines Großvaters, der in den Widerstandskampf der Partisanen involviert war und von den Nazis hingerichtet wurde. "Erst im Nachhinein", so Logar, "wurde mir klar, dass meine Fotoserie Teil einer unbewussten Suche nach dem Ur-Raum war": Dem Feliferhof, dem Ort an dem der Großvater erschossen wurde. Ein Ort, der erst gefunden werden musste, weil niemand über ihn oder gar die Umstände des Todes sprechen wollte.

Um das Sichtbarmachen dieser blinden Stellen in der Familiengeschichte geht es, aber auch um zugedeckte Geschichtsbilder und verborgene Strukturen der Gesellschaft. Das sind die Stellen, wo keiner hinschauen mag oder "darf", das sind die 'Non Public Spaces' oder 'Fremden Orte' (dem ursprünglichen Arbeitstitel der Serie), die Logar dokumentiert. "Wie man an den aktuellen politischen Ereignissen in Kärnten erkennen kann, wirft unsere verdrängte Vergangenheit ihre Schatten noch deutlich in unsere Gegenwart", erklärt er. "Für den reinen Machterhalt werden alte Ängste und Gefühle der Bevölkerung instrumentalisiert und missbraucht." (Anne Katrin Feßler)