Der ehemalige ÖGB-Präsident nach der Ankündigung seines Rücktritts Ende März.

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Das Penthouse haben die Genossen ihrem Präsidenten immer schon geneidet. Nun gerät der ehemalige Chef des ÖGB zunehmend in die Isolation. Fritz Verzetnitsch hat sich zurückgezogen und tritt kaum noch auf. Den Genossen soll das nur recht sein.

Wien – Fritz Verzetnitsch geht derzeit nicht viel unter Leute. Die ersten Tage nach seinem Rücktritt als Vorsitzender des Österreichischen Gewerkschaftsbundes am 27. März kam er noch jeden Tag in sein Büro in der Zentrale am Schottenring – um seinen interimistischen Nachfolger Rudolf Hundstorfer einzuarbeiten, wie es hieß. Tatsächlich war Verzetnitsch schon in den ersten Tagen seines überraschenden Pensionsantritts weit gehend isoliert, verbrachte mehr Zeit mit Aufräumen und E-Mails-Lesen als mit tatsächlicher Amtsübergabe. Hundstorfer war nebenan schon schwer im Krisenmanagement tätig.

Derzeit ist Verzetnitsch für niemanden zu sprechen. Auch im ÖGB hat kaum noch jemand Kontakt zum ehemaligen Präsidenten. Der reist oder hütet sein viel zitiertes Penthouse am Fleischmarkt im ersten Bezirk. Der große Urlaub, den er zu seinem Abtritt angekündigt hatte, ist noch nicht angetreten.

Gewichtsverlust

Er leide, heißt es in der SPÖ – weniger körperlich als seelisch. Dabei weiß SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer auch zu berichten, dass Verzetnitsch seit seinem Rücktritt 15 Kilo abgenommen habe – aus Gram über die schwere Krise, in die der ÖGB geschlittert ist. Immerhin war Verzetnitsch 18 Jahre lang mit Leib und Seele dessen Präsident. Die Nachrede, die er innerhalb der Gewerkschaft hat, ist aber nicht die beste.

Direkt nach seinem Rücktritt zollten die SPÖ-Granden dem scheidenden Präsidenten, SPÖ-Vorstandsmitglied und Abgeordneten noch höchsten Respekt. Alfred Gusenbauer lobte seinen Mut, und Wiens Bürgermeister Michael Häupl meinte gar, Verzetnitsch gebühre der Maria- Theresien-Orden. Die Begeisterung ist mittlerweile abgeklungen.

Rettungsaktion

Vergangene Woche war Verzetnitsch in Japan unterwegs, wo er eine internationale Veranstaltung besuchte, in der es um das Verhältnis der EU zu den Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbänden ging. Dem Vernehmen nach flog er im selben Flugzeug heim wie der ebenfalls dort anwesende Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Vielleicht habe er, so boshafte Genossen, schon einige Anregungen zur Rettungsaktion für die Bawag geben können. Bei der Geburtstagsfeier zum 60er des langjährigen ehemaligen Klubchefs der SPÖ, Peter Kostelka, tauchte Verzetnitsch vergangenen Donnerstag sichtlich gezeichnet auf.

Der Pensionsschock wird Verzetnitsch immerhin finanziell abgefedert. Als aktiver Politiker bezog er vom ÖGB ein Gehalt von 7579 Euro und dazu noch einmal ein Abgeordnetengehalt von 7500 Euro. In der Pension bleiben ihm 80 Prozent vom ÖGB-Letztbezug, das sind gut 6000 Euro, die Politikerpension nach 21 Jahren als Abgeordneter beträgt etwa 5000 Euro.

Allerdings muss sich Verzetnitsch noch über die Auflösung seines Dienstverhältnisses mit dem ÖGB einigen. Das könnte heikel werden, wenn sich der ehemalige ÖGB-Chef auch vor Gericht verantworten muss. Sollten die Verfahren eine Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis rechtfertigen, könnte Verzetnitsch theoretisch um seine Ansprüche umfallen. (kob, völ/DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2006)