Bild nicht mehr verfügbar.

Schnelles Geld ist auf dem Wachstumsmarkt mit schlechten Straßen und täglichen Stromausfällen allerdings nicht zu machen - dafür aber gutes.

Foto: APA/EPA/Money Sharma
Grafik: Der Standard
Mumbai - Ziemlich genau zwei Jahre hat es gedauert, bis der erste Windmühlen-Generator das neue Werk in Pune verlassen hat. "Und da waren wir schon sehr schnell", sagt Franz Hrachowitz, Mehrheitseigentümer des Weizer Motorenherstellers Elin EBG. Üblicherweise dauere so ein Prozess gut drei Jahre.

Jetzt rennt der Motor wie geschmiert, und die Jahreskapazität von jährlich tausend Windkraft-Generatoren wird, kaum ist die Produktion angelaufen, auf zweitausend ausgebaut. Allein hätte die 2002 von der VA Tech abgekoppelte und von der Trasys Beteiligungs- und Management GmbH übernommene Elin-EBG Motoren den Sprung nach Indien nie gewagt.

Hartes Brot

In dem Fall ging die Initiative vom indischen Mischkonzern Suzlon aus, er verführte den Weizer Mittelständler (57,4 Mio. Euro Umsatz, 230 Beschäftigte) zur Investition in der fünftgrößten Volkswirtschaft. "Wir wollten außerdem die Investitionskosten (erste Ausbaustufe: sieben Millionen Euro, zweite Ausbaustufe: fast acht Mio. Euro) und das Risiko nicht allein tragen", sagt Hrachowitz.

So kommt es, dass Suzlon an dem neu gegründeten Windkraft-Joint-Venture Suzlon Generators 75 Prozent (minus eine Stimme) hält und Elin EBG Motoren 25 Prozent plus eine Stimme.

Leicht ist das Geschäft, wie Auslandsinvestoren im Wachstumsmarkt Indien durch die Bank betonen, generell nicht - nicht einmal im Energiesektor, obwohl Indien einen gewaltigen Energiebedarf aufweist, dem bis 2012 eine Steigerung um 100.000 auf 222.000 Gigawatt vorhergesagt wird. Mehrmals täglich fällt der Strom aus, die Straßen sind schlecht, das an sich gute Eisenbahnsystem müsste dringend erneuert werden - und alles dauert sehr lang.

Kardinalfehler

Allein der Aufbau eines Büros dauert mindestens sechs Monate, erst dann kann eine Verkaufsaktivität starten, sagt Cosima Klinger-Paul von Merkur-Consult. "Wir haben die Uhr, und die Inder haben die Zeit", bringt es Hrachowitz auf den Punkt.

Auch Fehler kann man viele machen, weiß Hans-Jörg Hörtnagl, Handelsdelegierter in der Hauptstadt Delhi. Einer davon sei, von europäischen Kommunikationsstandards auszugehen. "Vielfach machten Partner viele Versprechungen, von denen aber nur wenige eingehalten würden. Wohl überlegt sein sollte auch die Wahl des Geschäftspartners, denn einen falschen loszuwerden sei meist schwierig, obwohl Indien grundsätzlich Rechts- und Investitionssicherheit biete.

"Der Mentalitätsunterschied ist enorm groß", warnt Hörtnagl vor überschwänglichen Hoffnungen auf schnelles Geld. Und: Der Subkontinent ist nichts für Export-Neulinge, denn in Europa geschmiedete Expansionspläne würden selten halten. Noch nicht WTO-konform sind auch die hohen Exportzölle (der Basiszoll beträgt aktuell 16 bis 20 Prozent). Dafür ist die Inflation niedrig und das Budgetdefizit sinkt, wenngleich das Tempo der vor 15 Jahren begonnenen Reformen mitunter stockt. "Die Richtung der Reformen ist konsistent", sagt Anupam Johri, RZB-Manager für Südasien in Mumbai. Besonders rasch wächst der Finanzsektor, seit es den Banken gelungen sei, ihre faulen Kredite auf ein Prozent ihrer Assets zu bereinigen. "Das ist jetzt ein gesundes, robustes System." Nahezu einziges Hemmnis: Die Inder investieren traditionell in Gold und Juwelen, die vererbt werden, was Liquidität bindet.

Angesichts der Lohnkosten, die zwar zwischen den 28 Bundesstaaten unterschiedlich sind, aber immer noch deutlich unter jenen in China liegen, lohnt die Produktion sowohl für den riesigen Binnenmarkt, als auch für Export; zumal Indien dank seines qualitativ hochwertigen Bildungssystems über ein schier unerschöpfliches Reservoir an Ingenieuren und Technikern verfüge. So sind die Zeitungen denn auch voll mit Stellenanzeigen: Die Deutsche-Telekom-Tochter T-Systems etwa sucht für Delhi großflächig nach Software-Ingenieuren, BMW nach IT-Spezialisten und Verkaufsmanagern. An Expansion denkt auch der Autozulieferer Magna. (Luise Ungerboeck, Mumbai, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.2.2006)