80 Prozent der Diabetiker sterben nicht an der Hyperglykämie (erhöhter Zucker), sondern an den Langzeitfolgen. Die häufigsten Todesursachen, die aufgrund von diabetesbedingten Gefäßschäden auftreten sind Herzinfarkt und Schlaganfall. Beim Diabetes mellitus Typ 1 tauchen die ersten Symptome wie starker Durst, Heißhungerattacken, Gewichtsverlust, vermehrtes Harnlassen und Müdigkeit sehr rasch auf.

Frühe "Spätfolgen"

Ganz anders beim Typ 2 Diabetes: Seine Entwicklung ist langsam und die dauerhafte Überzuckerung des Blutes ist nicht spürbar. Beiden gemeinsam ist jedoch: Je früher der erhöhte Zucker bemerkt wird und je besser er eingestellt ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass später Komplikationen entstehen. Das Wort "spät" sollte man hier nicht zu wörtlich nehmen, denn Spätfolgen können bereits frühzeitig eintreten.

Taubheitsgefühl, Kribbeln oder brennende Füße

Zuallererst treten Nervenschäden auf: Die periphere Polyneuropathie zeigt sich in einem Verlust der Sensibiltät, vor allem in den unteren Extremitäten. Der Diabetiker klagt anfänglich nachts über Taubheitsgefühl, Kribbeln oder brennende Schmerzen in den Füßen und Beinen. Im weiteren Verlauf verliert er das Berührungs- und Temperaturempfinden.

Harnverlust und Impotenz

Nervenschäden der inneren Organe (autonome Polyneuropathie) kann Impotenz bei Männern und ungewollten Harnverlust hervorrufen. Ein besonderes Risiko stellt der "stumme" Herzinfarkt dar. Typische Warnsignale des Herzinfarktes, wie Brustschmerzen, nimmt der Diabetiker oft nicht wahr.

Netzhautschäden und Arterienverkalkung

Gefäßschäden sind der Klassiker unter den Langzeitfolgen. Man unterscheidet zwischen mikro- und makrovaskulären Komplikationen. Die Mikroangiopathie ist die krankhafte Veränderung der kleinsten Gefäße. Diese bedingt eine Mangeldurchblutung und führt am Auge zu einem Netzhautschaden (diabetische Retinopathie). Eine massive Beeinträchtigung des Sehvermögens und im schlimmsten Fall Erblindung sind die Folgen.
Für die Niere bedeutet die verminderte Durchblutung eine eingeschränkte Funktion (diabetische Nephropathie), die bis zum völligen Ausfall führen kann. Zuerst folgt die Dialyse, die letzte Möglichkeit ist hier die Nierentransplantation.

Bei der Makroangiopathie liegt eine pathologische Veränderung der großen Gefäße vor. Die Arteriosklerose (Arterienverkalkung) ist der Wegbereiter für Herzinfarkt und Schlaganfall.

Der diabetische Fuss

Besonders schwierig in der Behandlung ist der diabetische Fuß. Aus einer kleinen Verletzung am Fuß, vom Diabetiker unbemerkt weil er durch die geschädigten Nervenenden keine Schmerzen empfindet, kann sich ein Ulcus (Geschwür) entwickeln. Die Wundheilung ist aufgrund der mangelnden Durchblutung massiv gestört. Das diabetische Ulcus nimmt an Größe zu und eine Beinamputation ist nicht selten die letzte Konsequenz. Umso wichtiger sind für einen Diabetiker gute Schuhe um Druckstellen zu vermeiden, regelmäßige Fußkontrollen und eine gute Pflege durch qualifizierte Fußpfleger.

Die beste Prävention ist Einstellungssache

Ein gut eingestellter Zucker bedeutet für den Diabetiker annähernd normale Glucosekonzentration im Blut ohne große tageszeitliche Schwankungen. Beim Gesunden liegt der Nüchternblutzucker zwischen 70 und 110mg/dl, nach dem Essen maximal bei 140mg/dl. Der geschulte Diabetiker kontrolliert selbst seinen Blutzucker mehrmals täglich. Das Gedächtnis des Blutzuckers ist der Langzeitzucker HbA1c. Sein Wert sollte dauerhaft unter der 7 Prozent-Marke liegen. Liegt er darüber, zeigt das zum einen die Esssünden der letzten 3 Monate an. Zum anderen steigt das Risiko für Folgeschäden dramatisch an.

Wenn die Spätfolgen schon eingetreten sind

Leider sind Diabetes-Folgeerkrankungen nicht reversibel, wenn Sie einmal eingetreten sind. Für Vorsorge ist es dann zu spät. Das Fortschreiten der Langzeitfolgen lässt sich aber deutlich verzögern.

Risikofaktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, anhaltend hoher Blutdruck und erhöhte Blutfette begünstigen die vorzeitige Entstehung und die Progredienz der Folgeschäden. Der betroffene Diabetiker muss selbst zum Spezialisten seiner eigenen Erkrankung werden. Er übernimmt die Steuerung seines Zuckers und sollte die Reaktionen seines Körpers auf Sport, Insulin und Krankheit besser als jeder andere kennen und einschätzen. Nur so hat er selbst Einfluss auf den Verlauf und die Prognose seiner eigenen Erkrankung.

Kontrollen um Spätkomplikationen zu erfassen

Neben den täglichen Selbstkontrollen muss der Diabetiker einmal jährlich zum Augenarzt. Beim betreuenden Diabetologen oder beim Arzt für Allgemeinmedizin wird regelmäßig der Blutdruck kontrolliert, eine Blutabnahme (Nierenwerte, HbA1c etc.) vorgenommen und die Eiweiß- und Glucoseausscheidung im Harn bestimmt. Untersuchung der Fußpulse (um eventuelle Durchblutungsstörungen in den Füssen/Beinen zu erfassen) und ein Stimmgabeltest zur Prüfung des Vibrationsempfindens der Füße gehören zum Vorsorgestandardprogramm. (phr)