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Der ukrainische Regierungschef Juri Jechanurow und seine Amtsvorgänger Julia Timoschenko und Viktor Janukowitsch.

Foto: REUTERS/Mykola Lazarenko
Kiew/Moskau/Wien - Die Koalitionsverhandlungen der zerstrittenen Parteien der "orangen Revolution" in der Ukraine sind endgültig in der Sackgasse gelandet. Eine Regierungsbeteiligung der russlandfreundlichen "Partei der Regionen" (PR) von Ex-Ministerpräsident Viktor Janukowitsch, die die Parlamentswahlen Ende März mit 32,14 Prozent gewann, wird immer wahrscheinlicher.

Dabei sah noch vor einer Woche alles nach Einigkeit im orangen Lager aus. Am 13. April hatte Julia Timoschenko, deren Block BJuT mit 22,29 Prozent unerwartet auf Platz zwei aufgestiegen war, die beiden anderen westorientierten Blöcke, "Unsere Ukraine" (UU, 13,95 Prozent) von Präsident Viktor Juschtschenko und die Sozialisten (5,68 Prozent) um Alexander Moros dazu gebracht, ein Grundsatzprotokoll zur Schaffung einer "orangen Koalition" zu unterzeichnen. Dort hieß es auch, dass der Chef der stimmenstärksten Partei Regierungschef werden sollte - Timoschenko. Das stieß aber im UU-Block auf starke Ablehnung. Juschtschenko hatte seine ehemalige Mitstreiterin schon im September 2005 nach internen Streitigkeiten und Korruptionsvorwürfen als Kabinettschefin entlassen. Damit ist eine orange Koalition praktisch unmöglich geworden, denn für Timoschenko war dieser Posten die Bedingung für eine Koalition.

Die Verfassung gibt den Parteien noch bis zum 10. Juni Zeit für die Bildung einer Koalition. Eilig hat es UU, denn bei einer möglichen Wahlwiederholung droht ihr das Absacken in die Bedeutungslosigkeit zugunsten des BJuT.

Juschtschenkos Partei bleibt also nur eine Koalition mit den Blauen um seinen einstigen Rivalen Janukowitsch und den Oligarchen Rinat Achmetow. Die Töne aus dem Umfeld des Präsidenten für eine solche Allianz werden lauter.

Tiefe Spaltung

Auch der ukrainische Botschafter in Österreich, Wolodymyr Jeltschenko, befürwortet eine solches Szenario. Die Wahlergebnisse hätten gezeigt, dass die Ukraine weiterhin mehr oder weniger in zwei Teile gespalten sei - in Ost (wo Janukowitsch seine Basis hat) und West (wo Juschtschenko große Unterstützung genießt). "Die Spaltung ist sehr groß, und die Menschen erwarten jetzt, dass etwas passiert, was diese tiefe Teilung aufhebt", sagte er gegenüber dem STANDARD. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Regierung normal funktionieren soll, ohne die ganze Ukraine zu repräsentieren." Eine große Koalition sei außerdem auch der vielversprechendste Weg, die Stabilität der Regierung sicherzustellen.

Eine orange-blaue Koalition könnte Juschtschenko freilich den Ruf eines Verräters an den orangen Idealen einbringen. Deshalb würde er eine "breite Koalition" aller orangen Parteien plus der Partei der Regionen vorziehen. Timoschenko lehnt ein solches Szenario ab.

Bleibt der Kampf um Moros und seine Sozialisten. Wie schon früher könnte er auch diesmal wieder das Zünglein an der Waage sein: Je nachdem, mit wem er koaliert, kann er Juschtschenkos UU an den Rand der politischen Bedeutungslosigkeit drängen - oder Timoschenko in die Opposition. Wobei Letztere wohl auch diese Rolle politisch zu nutzen wüsste. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.04.2006)