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Wien - Die jüngste Diskussion um die Bawag hat dem ÖGB eine Austrittswelle beschert. Konkrete Zahlen liegen noch keine vor. Die Schere zwischen der Anzahl der unselbstständig Erwerbstätigen und der ÖGB-Mitglieder ist allerdings auch ohne Skandale in den letzten Jahren größer geworden. 1981 hatte der ÖGB mit 1,677.265 Mitglieder den höchsten Organisationsgrad erreicht, damals lag die Zahl der unselbstständig Erwerbstätigen bei 2,799.273. Bis 2004 ist die Zahl der ÖGB-Mitglieder auf 1,357.933 gesunken, jene der unselbstständig Erwerbstätigen aber auf 3,199.012 gestiegen.

Die ÖGB-Zahlen für 2005 liegen noch nicht vor, lassen sich aber hochrechnen. Im Durchschnitt hatte der ÖGB von 1997 bis 2004 knapp 140.000 Mitglieder verloren, das sind jährlich etwa 20.000 Mitglieder weniger. Damit dürfte der Mitgliederstand 2005 bei etwa 1,337.000 liegen. Der Organisationsgrad des ÖGB wäre damit von 1981 bis 2005 um ein Drittel von 60 auf rund 40 Prozent gesunken.

Die Steigerung bei den unselbstständig Beschäftigten in den vergangenen Jahren ist auch darauf zurückzuführen, dass es mehr Teilzeitarbeitsplätze und einen Boom bei den so genannten prekären Beschäftigtenverhältnissen gibt. Bei den ÖGB-Mitgliederdaten ist zu berücksichtigen, dass darin auch 10.000 Arbeitslose enthalten sind.

Zurufe einstellen

Der ÖGB-Vizepräsident und Vorsitzende der Fraktion Christlicher Gewerkschafter, Karl Klein, hat am Donnerstag SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer aufgefordert, seine Zurufe an den ÖGB bezüglich des geplanten Bawag-Verkaufes einzustellen. Gusenbauer hatte am Mittwochabend in einer Diskussion mit Wirtschaftsminister Martin Bartenstein dafür plädiert, dass sich der ÖGB zur Gänze von der Bawag trennen und keine Sperrminorität behalten solle.

Klein erklärte dazu, Zurufe von außen seien nur störend, weil sie die seriöse Arbeit erschweren. Der ÖGB wisse selbst, was er zu tun habe und setze zügig alle Maßnahmen, um für die Bawag und den ÖGB eine gute Zukunft zu sichern. Der ÖGB sei keine Teilorganisation der SPÖ, Meinungen des SPÖ-Vorsitzenden zum geplanten Bawag-Verkauf seien daher unnötig. Klein: "Wer uns wirklich helfen will, soll den ÖGB aus dem Wahlkampf heraushalten."

Der neue ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer bleibt Erster Vorsitzender des Wiener Gemeinderats. Hundstorfer hatte zuletzt betont, dass er sich über Ostern überlegen wolle, ob er diese Funktion weiter ausübt. Eine Entscheidung, ob Hundstorfer im Herbst an wählbarer Stelle für den Nationalrat kandidieren wird, ist noch nicht gefallen. In den vergangenen Jahrzehnten war es Tradition, dass der ÖGB-Präsident im Parlament sitzt. (APA, red/ DER STANDARD, Printausgabe, 21.04.2006)