Wien - Der Umgang mit Misshandlungsvorwürfen gegen Sicherheitsorgane, wie sie etwa im Fall Bakary J. (siehe Berichterstattung in derStandard.at/Panorama ) bestehen, sei in Österreich immer noch "unzureichend". Das sagte Manfred Nowak, Chef des Wiener Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte, am Donnerstag anlässlich der Vorstellung des Berichtes über die Menschenrechtssituation in Österreich 2005.

Das im Innenministerium angesiedelte Büro für interne Ermittlungen, das bei Übergriffsverdacht tätig wird, habe "nur 24 Stunden Zeit", um Akte an den Staatsanwalt weiterzuleiten. Was fehle, sei eine "unabhängige, pluralistisch zusammengesetzte Einrichtung" mit verfassungsrechtlich abgesicherten Untersuchungs- und Kontrollaufgaben in menschenrechtlich sensiblen Gesellschaftsbereichen, von der Psychiatrie bis hin zu den Gefängnissen.

Ermittlungskompetenzen

Auch "polizeiliche Ermittlungskompetenzen" sollte diese "nationale Agentur für Menschenrechte nach dem Vorbild der Commonwealth-Staaten" im Fall von Übergriffen haben, betonte Nowak. In ihren nach "ein bis zwei Wochen Untersuchungszeitraum" abgefassten Berichten sollten Empfehlungen stehen: "Ob das Gericht tätig werden muss oder ob eine Verwarnung der Beamten ausreicht".

Auf diese Art könnte der derzeit hohe Anteil an Übergriffen ohne Folgen für die mutmaßlichen Täter verringert werden: "Im vergangenen Jahr wurden vier ältere Fälle aufgearbeitet. Zweimal kam es zu Verfahrenseinstellungen, einmal zu einem Freispruch, einmal - im Fall Wague - zu einer Halbverurteilung", las Nowak aus dem Bericht vor.

Kritik am Fremden- und Asylrecht

Dieser übt auch am neuen Fremden- und Asylrecht umfassende Kritik. Die seit Anfang 2006 geltende "schärfste und restriktivste Regelung Europas" liefere Flüchtlinge in hohem Maß Fremdenpolizisten aus, erläuterte der Asylexperte Alexander Lubich. Von der Erstbefragung bis zur Übergabe von negativen Asylbescheiden - "meist gleich zusammen mit einem Haftbefehl" - liege alles in der Hand der Exekutive.

Enorm gestiegen - so Lubich - sei etwa der Anteil von Asylwerbern unter den Schubhäftlingen. Asylwerber stellten 249 der 358 zwischen Jänner bis März 2006 neu Inhaftierten - "2005 waren es insgesamt nur 662". Doch im Büro von Innenministerin Liese Prokop und beim BZÖ wähnt man sich mit dem Fremdenpaket auf dem richtigen Weg.

Problem Frauenarmut

Keine Kontroversen löste der Berichtsteil über Gleichstellungsmaßnahmen in Österreich aus. Der Befund von Mitverfasserin Constanze Pritz, dass "für Frauen das Risiko, unter die Armutsgrenze zu geraten, in Österreich um 40 Prozent höher als für Männer ist", verhallte ohne jede Reaktion. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.4.2006)