Wien – Der Abgang war typisch: Grummelnd, schweigend, machtbewusst. "Ich wüsste nicht, wer mir internen Druck geben soll", grantelte Rudolf Nürnberger Journalisten an, die Hintergründe seines überraschenden Abgangs erfahren wollten. Die Botschaft war klar: Niemand in der Gewerkschaft hat einem Nürnberger etwas anzuschaffen – dort hat er das Sagen.
In der Tat war es nicht jemand, sondern etwas, das den Tarockpartner Alfred Gusenbauers nach rund 18 Jahren an der Spitze der Metaller-Gewerkschaft den Abschied nehmen ließ: Die Bawag-Affäre. Nürnberger braucht in seiner wortkargen Art für die Beschreibung der Folgen der Bawag-Krise einen Satz: "Der ÖGB ist in seiner schwierigsten Situation seit Bestehen."
Führungstrio und Dreierfeindschaft
Denn Heuschreckenkapitalismus ist dem in der Wolle gefärbten Arbeitergewerkschafter Nürnberger so zuwider wie Maßanzüge. 34 Jahre war Nürnberger in der Gewerkschaft – zu lange, um die notwendige Reform umsetzen zu können: Dafür brauche es, meint Nürnberger, "jüngere Personen". Also geht der 60-Jährige. Im Parlament sind die Nürnberger-Reden im breiten Wienerisch seit 2004 nicht mehr zu hören, im ÖGB wollte er aber noch bis 2007 bleiben.
Nürnbergers Abschied macht das Ende der drei großen alten Männer im ÖGB komplett: Hans Sallmutter, Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten, hat sich im Vorjahr in die Pension verabschiedet, ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch stolperte über die Bawag. Das Führungstrio verband nicht nur das gemeinsame Alter, sondern auch gepflegte Dreierfeindschaft: Nürnberger fand Verzetnitsch zu zögerlich. Seine Aversion gegen den ÖGB-Chef ging so weit, dass Nürnberger sich vorübergehend mit Sallmutter auf eine Fusion ihrer Gewerkschaften einigte – nur kurz, dann stritten auch Nürnberger und Sallmutter wieder.
Protest in Gremien
Das lag auch am unterschiedlichen Politikzugang der beiden: Sallmutter war das öffentliche sorgenfaltige Gesicht der Pensions-Proteste des ÖGB – Nürnberger hingegen hat seinen Kontra-Bass gegen Pensionskürzungen in den Gremien hören lassen: Damals, im Jahr 2000, als Rot und Schwarz über eine Pensionsreform verhandelten – und Nürnberger den Koalitionspakt partout nicht unterschreiben konnte und wollte.