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Während Gentechnik-Verbote bei den Mitgliedern nicht zugelassen werden, argumentierte die Kommission vor der Welthandelsorganisation WTO mit den Risiken.

Foto: APA/EPA/Patrick Pleul
Wien - So abwägende Argumente, wie sie die Kommission 2004/2005, im Rahmen des Streitfalles zwischen den USA und Kanada zur Gentechnik bei der Welthandelsorganisation WTO vorbrachte, hat man in der europäischen Öffentlichkeit nie gehört:

"Es gibt einfach keinen Weg zu ermitteln, ob die Einführung von Gentech-Produkten irgendwelche anderen Effekte auf die menschliche Gesundheit hat" heißt es in dem 339 Seiten umfassenden EU-Bericht an die WTO. Und: "Es gibt keinen eindeutigen . . . Grenzwert, um zu entscheiden, ob ein Gentech-Produkt sicher ist oder nicht." Zum Anbau von Gentech-Pflanzen wird angeführt, dass es "ein begründeter und rechtmäßiger Standpunkt" sei, dass schädlingsresistente Pflanzen (das sind die einzigen, die derzeit in der EU angepflanzt werden) nicht angebaut werden sollten, bis alle Auswirkungen auf den Boden bekannt sind.

"Das ist ein politischer Skandal erster Güte", empört sich Jens Karg, Gentechniksprecher der Umweltschutzorganisation Global 2000. Seine Organisation hat zusammen mit dem Netzwerk Friends of the Earth den Bericht kürzlich erhalten. Christoph Then von Greenpeace Deutschland, der das Papier analysiert hat, sieht damit belegt, dass "die Kommission wider besseres Wissen die Technik zugelassen hat, obwohl sie gewusst hat, dass die Risikoprüfungen nicht ausreichend waren und dass es Risiken gibt".

In der gleichen Zeitspanne, in der die Kommission vor der WTO Sicherheitsbedenken vorbrachte, wurden
  • sieben Gentech-Nahrungsmittel zugelassen;
  • zweimal von Mitgliedsstaaten Forderungen erhoben, sich für die Aufhebung der nationalen Importverbote auszusprechen, nämlich im November 2004 und Juni 2005;
  • 31 Sorten von Gentech-Mais, und zwar basierend auf der Entwicklung Mon 810 des US-Agrarkonzerns Monsanto, für den Anbau zugelassen.
  • Die Untersuchung stützt sich dabei kaum auf die von Gegnern häufig kritisierte Lebensmittelsicherheitsagentur Efsa, die aber auch erst 2002 ihre Arbeit aufnahm. Trotzdem kommt die Agentur kritisch vor, und zwar in Bezug auf den Bt-Mais der Schweizer Firma Syngenta, der zum Import als Nahrungs- und Futtermittel bereits im Laufe 2004 zugelassen wurde; eine Zulassung als Saatgut steht derzeit an. Das damalige Zulassungsverfahren durch die Efsa wird in dem Bericht als nicht genügend bezeichnet. Weitere Untersuchungen hätten eingefordert werden sollen, da dieser Mais mit seiner gentechnisch eingebauten Resistenz gegen Schädlinge Auswirkungen auf seine Umgebung hat. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.4.2006)