Bogotá - Nach fünf Jahren Geiselhaft in Kolumbien ist der von der Rebellenorganisation Farc entführte Lothar Hintze wieder frei. Es ist einer von vielen Entführungsfällen, manche Menschen werden gezielt verschleppt, da ihre Familien als begütert gelten. Andere trifft es beim so genannten "Glücksangeln": Entführer errichten in einem von ihnen kontrollierten Gebiet Straßensperren und durchsuchen die Fahrzeuge nach möglichen Opfern.

Wiederwahl

Zwar ist die Zahl der neuen Entführungen seit dem Amtsantritt von Präsident Alvaro Uribe von mehr als 3000 auf 1250 im Vorjahr zurückgegangen, doch einer Schätzung der Stiftung "País Libre" zufolge sind insgesamt 4200 Menschen immer noch in Geiselhaft. Drei Viertel der Entführten sind in den Händen der Farc. Die versucht derzeit, Uribes Wiederwahl im Mai zu verhindern, erst vor kurzem kamen bei Gefechten mit dem Militär 16 Soldaten und sieben Rebellen ums Leben.

Manche Menschen wurden aus wirtschaftlichen Gründen entführt, um Lösegeld - von den Rebellen euphemistisch "Friedenssteuer" genannt - zu erpressen. Alleine von ausländischen Firmen haben die Rebellen einer Schätzung der Weltbank zufolge im vergangenen Jahrzehnt so rund eine Milliarde Dollar erpresst.

Politische Zwecke

Doch die Geiseln dienen immer seltener dazu, die Kriegskasse aufzubessern sondern werden zunehmend für politische Zwecke missbraucht. 2001 entführte die Farc drei Entwicklungshelfer, um das Einstellen der Sprühflüge gegen den Drogenanbau zu erzwingen.

Das Millionengeschäft ist inzwischen auch für gewöhnliche Kriminelle attraktiv. Sie entführen entweder im Auftrag ihre Opfer oder werden auf eigene Rechnung aktiv und "verkaufen" anschließend ihre Opfer an Aufständische, die in der Regel über eine bessere Infrastruktur für Langzeit-Entführungen verfügen. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2006)